Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 112
(PDF, 85 MB)
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Hans-Karl Schuler

nachbarte »Ausland« ein häufig vorkommendes wirksames Element des Widerstands der
nächsten 200 Jahre werden. Die Amter Bisingen, Grosselfingen, Weilheim und Stein empörten
sich 1605. Ein Ausschuß von 70 mit Gewehren bewaffneten Männern erschien vor dem
Schloß Hechingen. Graf Johann Georg, der die Regierung erst angetreten hatte, begab sich zu
Pferde in den Haufen. Mit äußerster Mühe gelang ihm die Beruhigung.

Noch tiefer erschütterte die Revolte von 1619, die sogenannte Generalrebellion, das Land.
Der Anlaß waren die zunehmend geforderten ungemessenen Fronen zum Bau der Zollerburg.
Unter den Beschwerden stand aber obenan die freie Pürsch. Das ganze Fehlatal, das ganze
Killertal, Beuren und Rangendingen forderten sie zurück (7). Gefordert wurde freie Holznutzung
und Weide in den Gemeinde- und Privatwäldern und die Einschränkung des herrschaftlichen
Schafweiderechts, das sehr zu Lasten der Allmende ausgeweitet worden war.
Uber das Herkommen hinausreichende Fronen wurden verweigert. In einer Denkschrift der
Hofkanzlei steht geschrieben: Jetzt rottierten sich die Untertanen wie das unvernünftige Vieh
zusammen. Sie nötigten die Gehorsamen durch Drohungen, Streiche und Schläge zum Abfall
(vom Fürsten) und setzten einen Ausschuß ein, die sogenannte »Landschaft«. Die Landschaft
sollte als Solidarpakt der Gemeinden in der weiteren Auseinandersetzung eine ganz entscheidende
Rolle spielen. Das Drama der Generalrebellion endete aber wieder wie alle bisherigen
Erhebungen so, daß sämtliche Einwohner der aufrührerischen Ortschaften auf Gnade und
Ungnade zur Huldigung im Schloßhof zu Hechingen erscheinen mußten.

Bald erreichten die Kriegswirren des Dreißigjährigen Kriegs das Gebiet um den Hohenzol-
lern. Die Burg, die sie erbaut hatten, vermochte die Untertanen nicht zu schützen. Im Gegenteil
, sie zog Freund und Feind an. Das Land wurde zum Aufzugs- und Durchmarschgebiet für
Schweden, Württemberger, Kaiserliche (Osterreich) und Bayern und verfiel in völligen Ruin.

Am Ende des Krieges war die Bevölkerung auf fast die Hälfte zurückgegangen. Die Einwohner
besaßen kaum noch Pferde und Vieh. Teilweise mußten Frauen und Kinder den Pflug
ziehen. Es ist überliefert, daß sich das katholische Stetten u. H. und das protestantische
Erpfingen noch einen gemeinschaftlichen Pflug teilten (7). Aus dieser Zeit der totalen Katastrophe
beziehen sich die einzigen Regierungshandlungen, die durch Schriftstücke der Hofkanzlei
an die Dorfvögte überliefert sind, auf die freie Pürsch. Der eifrige Forst- und Jägermeister
Hans Ludwig Teuffei von Pihl ermahnte für und im Auftrag des in dieser Zeit fast
dauernd abwesenden Fürsten die Untertanen und erneuerte wiederholt alle mit der Pürsch
zusammenhängenden Verbote. Dessen ungeachtet übten natürlich die Untertanen schon aus
purer Not das Waidwerk. Zwischen den Gemeinden in Zollern und im benachbarten »Ausland
« wuchs durch die Kriegswirren größte Solidarität. Als Schlatt vollständig abbrannte,
wurde es von Jungingen und Ringingen versorgt. Bei Requirierungen der Truppen und Plünderungen
halfen sich die Gemeinden aus. Dieser Zusammenhalt sollte sich über die Jahrhundertgrenze
hinweg erhalten und dem Widerstand gegen die Obrigkeit eine organisierte
Grundlage, Gewicht und Durchhaltekraft verleihen.

8. VERSCHÄRFUNGEN UND JURISTISCHE AUSEINANDERSETZUNG

Am 8. Oktober 1699 jagte Fürst Friedrich Wilhelm, ein despotisch und außergewöhnlich lange
regierender Landesherr, der das ganze Fürstentum zu einem einzigen Jagdrevier machen
wollte, bei Owingen. Die Owinger verweigerten ihm die Hilfe beim Ausgraben eines im Bau
eingeschlossenen Fuchses mit dem Hinweis, ihr gültiger Fronbrief verpflichte sie nicht zu
Jagdfronen. Die Owinger waren von einer ganzen Reihe von Fronen befreit, da sie sich vor
Jahren schriftlich und auf ewige Zeiten gegen Bezahlung eines jährlichen Frongeldes von bestimmten
Leibesfronen befreien ließen. Der aufgebrachte Fürst ließ sich den im Original auf
dem Rathaus verwahrten Fronbrief vorlegen, gab ihn nicht mehr heraus und verlangte die
Einwilligung der Gemeinde zu Fronen nach den Bedingungen aller anderen Gemeinden, das

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