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Wolfgang Schaffer
Irrenanstalten im 19. Jahrhundert typische Binnendifferenzierung und soziale Schichtung der
Patienten in den verschiedenen Verpflegungssätzen70: Bis 1861 gab es nur eine Verpflegungsklasse
für die Hospitaliten, die auf schließlich drei aufgestockt wurden, da eine Anzahl von
Personen aus gebildeten und bemittelten Ständen [...] in Bezug auf Wohnung, Beköstigung
und Bedienung größere Ansprüche machte71. Der Normaltisch kostete im Jahre 1865
110 Taler, der 2. Tisch 200 Taler und der 1. Tisch schließlich 300 Taler jährlich7-. Allerdings
war sich die Regierung von vornherein darüber im klaren, daß angesichts der Armut großer
Teile der Bevölkerung öffentliche Unterstützung von Nöten sein würde und auch nur ausnahmsweise
Geisteskranke mit dem höchsten Satz vorkommen würden73.
Die folgende Statistik für die Jahre seit 1890 bis zum Ersten Weltkrieg bestätigt diese Einschätzung
. Sie gibt jeweils die Anzahl der Patienten in den Verpflegungsklassen wieder74:
Jahr
Verpflegungsklasse I
Verpflegungsklasse II
Verpflegungs
1890
2
16
67
1892
1
11
72
1896
2
14
97
1897
2
12
100
1898
1
10
106
1899
3
20
110
1900
2
16
115
1901
1
10
125
1902
1
14
135
1903
1
17
132
1904
2
14
142
1905
2
16
149
1906/07
2
20
155
1907/08
3
19
176
1908/09
3
21
188
1909/10
3
16
181
1910/11
2
17
178
1911/12
2
14
187
1912/13
1
10
189
6. FAMILIENPFLEGE UND ANSTALTSUNTERBRINGUNG
Die Bedeutung des Landeskrankenhauses in Sigmaringen für die Unterbringung der Geisteskranken
des Regierungsbezirks wird auch in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts
offenkundig. Es bleibt charakteristisch für die allgemeine Situation, daß nur die wirklichen
Irren nach Sigmaringen gebracht wurden, sei es zu ihrer Wiederherstellung oder wegen ihrer
70 Vgl. dazu zuletzt Gunnar Stollberg: Zur Geschichte der Pflegeklassen in deutschen Krankenhäusern
. In: Alfons Labisch/Reinhard Spree (Hg.), »Einem jeden Kranken in einem Hospitale sein eigenes
Bett«. Zur Sozialgeschichte des Allgemeinen Krankenhauses in Deutschland im 19. Jahrhundert. Frankfurt
1996, S. 374-398, bes. S. 378-381.
71 Steidle (wie Anm. 13), S. 16.
72 Vgl. die Angaben in: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie und psychisch-gerichtliche Medicin 22
(1865), S. 551; zur weiteren Entwicklung der Pflegesätze vgl. Steidle (wie Anm. 13), S. 16ff.
73 StAS Ho 235 16072.
74 Die Zahlen nach den entsprechenden ärztlichen Jahresberichten.
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