http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0159
Dr. Samuel Mayer und die Hohenzollern
Wenn in Dein Haus sie eilen,
Sie eilen zum Gebet,
Ich muß zu Hause weilen.
Mir ist der Tag wie Nacht,
Er bringt mir keine Wonne,
Erscheint des Frühlings Pracht,
Erglänzt die schöne Sonne,
Weil ich ja nicht mehr seh'
Der Erndte volle Garben,
Des Winters weißen Schnee,
Der Blumen holde Farben.
Doch bist Du, Gott, so gut,
Ich fühl's an Deiner Gnade,
Ich fühl's mit frohem Muth,
Du lenkest meine Pfade!
Und kommst Du nicht zu mir,
So sendest Deine Boten,
Sie sind auf Erden hier
Bei lebenden (sie!) und Todten.
Die guten Menschen sind
Die Engel, die Du sendest,
Wenn meine Thräne rinnt
Den Trost durch sie mir spendest.
Hast unsre Fürstin nicht
Aus Huld uns Du gegeben?
Sie bringt mir mildes Licht,
In meinem düstern Leben!
Wie mild ihr Blick seyn muß!
Ihr Mund verkündet Segen,
Das Glück folgt ihrem Fuß
Auf allen ihren Wegen.
Ihr folgt der Lobgesang
Aus Schloß und Haus und Hütte, -
Drum laß' sie doch recht lang,
O Gott in unsrer Mitte!
Es fleht mein Herz zu Dir:
o, mögest Du sie segnen,
Und Alle, welche mir
Mit Freundlichkeit begegnen.
Und ich? ich zage nicht!
Ich will in Demuth warten,
Bis schau' ich Dein Gesicht
In Deinem Himmelsgarten.
Dr. S. Mayer74.
74 Verordnungs- u. Anzeigeblatt für das Fürstenthum Hohenzollern-Hechingen. Nro. 66. Samstag den
5. Sept. 1845, S. 274.
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