Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 159
(PDF, 85 MB)
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Dr. Samuel Mayer und die Hohenzollern

10. ÜBERGANG AN PREUSSEN

Wenige Tage vorher, am 12. Februar 1850, hatte Fürst Friedrich Wilhelm Konstantin den
Staats-Vertrag vom 7. Dezember 1849 ratifiziert und der Regierung entsagt. Seine Rechte und
Ansprüche übertrug er an die Krone Preußens. In einer Mitteilung, die er auf Schloß Hohlstein
am 27. Feruar 1850 verfaßt hatte, teilte er dies seinen Landesangehörigen und Staatsdienern
mit und entband sie von den auf ihn geleisteten Eiden. Veröffentlicht wurde diese Mitteilung
aber erst im »Verordnungs- und Anzeigeblatt für das Fürstentum Hohenzollern-He-
chingen« vom 10. April 1850 zusammen mit dem Aufruf »Meine lieben Unterthanen!«149

Am Montag, dem 8. April 1850, hielt Rabbiner Dr. Samuel Mayer in der Synagoge in der
Goldschmiedstraße eine Festrede zur Feier der Ubergabe der Fürstentümer Hohenzollern an
die Krone Preußens. Thema: Der Stein und das Bild, oder Preußens Zukunft150.

Das Verhältnis der jüdischen Gemeinde zum letztregierenden Fürsten von Hohenzollern-
Hechingen, Friedrich Wilhelm Konstantin, beurteilt Rabbiner Dr. Samuel Mayer darin durchaus
positiv. Bisher lebten wir in einem wahrhaft traulichen Verhältnisse zu unserem Fürsten
und zu seinen Beamten; wir konnten unsere Wünsche zu jeder Zeit persönlich vortragen, die
Bedürfnisse waren schnell erkannt, und wir konnten augenblickliche Abhülfe erwarten, wenn
es im Gebiete der Möglichkeit lag]5\

Die Revolution habe die Staaten erschüttert, aber sie haben sich erhalten; alle Länder
durchwühlte ein unheimliches Grauen, aber sie bestehen noch und sammeln neue Kräfte. Nur
unsre Fürstenthümer konnten sich von dem plötzlich andringenden Schlage nicht erholen, nur
sie konnten ihre Selbständigkeit nicht erhalten. Die Fürsten legten nieder das Scepter der
Macht, sie entsagten der Herrschaft, und übergaben sie dem stammverwandten König152.

Mit dem Übergang Hohenzollerns an Preußen war nun eine neue Situation entstanden, die
Rabbiner Dr. Samuel Mayer für seine, die jüdische Gemeinde, einzuschätzen versucht. Doch
lassen Sie mich zunächst die Bibelstelle Dan 2, 31-35 (nach der Einheitsübersetzung) zitieren,
von der der Redner ausging:

Du, König hattest eine Vision: Du sahst ein gewaltiges Standbild. Es war groß und von
außergewöhnlichem Glanz; es stand vor dir und war furchtbar anzusehen.

An diesem Standbild war das Haupt aus reinem Gold; Brust und Arme waren aus Silber,
der Körper und die Hüften aus Bronze.

Die Beine waren aus Eisen, die Füße aber zum Teil aus Eisen, zum Teil aus Ton.

Du sahst, wie ohne Zutun von Menschenhand sich ein Stein von einem Berg löste, gegen die
eisernen und tönernen Füße des Stzandbildes schlug und sie zermalmte.

Da wurden Eisen und Ton, Bronze, Silber und Gold mit einemmal zu Staub. Sie wurden
wie Spreu auf dem Dreschplatz im Sommer. Der Wind trug sie fort, und keine Spur war mehr
von ihnen zu finden. Der Stein aber, der das Standbild getroffen hatte, wurde zu einem großen
Berg und erfüllte die ganze Erde.

Mayer überträgt das im Buch Daniel, Kapitel 2, Vers 31-35 dargestellte Bild und die darin
gegebene Deutung auf die neuen Verhältnisse: So wagen wir es zu behaupten, daß sich von
unserm nahen Zollerberge ein Stein gelöst, der das Bild des deutschen Reiches im Norden zertrümmert
hat, und er wird auch das Bild im Süden im Schwünge der Ereignisse beseitigen,

149 Ebd. Nro. 29. Mittwoch den 10. April 1850, S. 114f.

150 Der Stein und das Bild, oder Preußens Zukunft. Festrede, zur Feier der Uebergabe der Fürstenthümer
Hohenzollern an die Krone Preußen, am Montag, den 8. April 1850, in der Synagoge zu Hechingen
gehalten von Samuel Mayer, Doktor der Philosophie, Rabbiner und Rechtsanwalt. Hechingen, Georg Eg-
gersdorff. 1850. - Lagerort eines Druckes: Hohenzollerische Heimatbücherei Hechingen. Sign. G. 235.

151 Ebd. S. 5.

152 Ebd.S.4.

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