Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 166
(PDF, 85 MB)
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Otto Werner

Wir dürfen aber nicht glauben, daß inzwischen alle Hindernisse aus dem Weg geräumt
waren. Julius Cramer schreibt dazu192: »Die jüdische Gemeinde petitionirte 1868 bei der
Regierung in Sigmaringen um Verleihung des Wahlrechtes in der Stadtgemeinde durch administrative
Anordnung oder auf gesetzgeberischem Wege. Einen Antheil am Burgernutzen
nähme man nicht in Anspruch. Die Gemeinde erhielt die Antwort, ihre Mitglieder seien in Bezug
auf die Erlangung des städtischen Bürgerrechts nicht ungünstiger gestellt, wie die außerhalb
des Bürgerrechts stehenden Eingesessenen christlicher Religion. Sie hätten also keinen
Grund zur Beschwerde. Die Judengemeinde fragte sodann bei der Stadtgemeinde an, unter
welchen Bedingungen man die Ihrigen aufnehmen würde, und bekam den Bescheid: zu 700 fl.
den Mann, zu 100 fl. die Frau, zu 25 fl. das Kind vor dem 15., zu 50 fl. das Kind vor dem
21. Lebensjahr. Es machte kein Israelit davon Gebrauch. Der Allmandgenuß hat für den,
welcher keinen Ackerbau treibt, keinen Reiz, die Erwerbung des Bürgerrechts, als Kapitalanlage
gedacht, ist in der Stadt nicht lohnend, als politische Maßregel jedenfalls zu theuer. Das
politische Gemeinderecht hätte die Israeliten 100,000 fl und mehr gekostet... «.

12. LEBENSABEND UND LEBENSENDE

Nachdem 1865193 seine zweite Frau gestorben war, heiratete er deren Schwester Helene Lindmann
am 20. März 1866 in der Friedrichstraße194. Dr. Samuel Mayer lebte, abgesehen von seinen
Studienjahren, zeitlebens in Hechingen. Wäre Samuel Mayer nicht fest in seiner Heimat
verwurzelt gewesen, so hätte er wohl kaum das historische Drama »Friedrich, genannt der
Ottinger von Hohenzollern« geschrieben. Leider wissen wir davon nicht mehr, als daß es in
Jamben gedichtet fünf Akte umfaßte und Manuskript blieb, also nicht veröffentlicht wurde195.

Seine Gemeinde bereitete ihrem Rabbiner an seinem Lebensabend noch einmal Kummer,
als sich der Vorstand am 18. März 1873 um ... Beseitigung der Doppelstellung des Dr. Mayer...
als Rabbiner ... und als Rechtsanwalt an den Minister des (u. a.) geistlichen Unterrichts,
Dr. Falk, in Berlin wandte196. Nachdem Dr. Mayer nahezu 24 Jahre das Amt des Rabbiners
und das des Rechtsanwalts ausgeübt hatte, brachte der Gemeindevorstand nun vor, daß ein
gläubiges, religiöses Gemüth sich nicht mit dem Gedanken befreunden könne, daß ein Anwalt,
der vor dem Geschworenengericht die ärgste Sorte verschmitzter Verbrecher: die Brandstifter,
Todtschläger, Raubmörder, Meineidigen und endlich gar Blutschänder und Nothzüchter ver-
theidigt, gleichzeitig in der Synagoge und bei kirchlichen Verrichtungen überhaupt als ein
Religionslehrer und Sittenprediger wirke. Ein Rabbiner zumal, der seiner Gemeinde gegenüber
, die Samstage als Sabbathe und außerdem die besonderen israelitischen Feiertage heilig zu
halten hat, gerate mit den beiderseitigen Amtspflichten in Collision, wenn die Gerichtsbehörde
ihn an diesen Tagen nicht dispensiere. Solche Fälle hätten sich mehrfach ereignet, was zu
höchst unliebsamen Erörterungen zwischen dem Gemeindevorstand und dem Dr. Mayer und
schließlich zu Beschwerden bei den Verwaltungsbehörden geführt habe, ohne die gewünschte
Abhülfe zu bringen. Die Gemeindevertreter gaben die Erklärung ab, daß die Gemeinde dem
Dr. Mayer die fernere Zustimmung zur Fortführung des Amtes als Rechtsanwalt neben dem
eines Rabbiners ausdrücklich entziehe und von ihm die Niederlegung eines dieser Ämter verlange
.

192 Cramer (wie Anm. 60), S. 476.

193 am 22.01.

194 Wie Anm. 25. Nr. 125.

195 L(udwig) E(gler) (wie Anm. 8).

196 Wie Anm. 19. - Eine gleichlautende Eingabe war an den Justizminister eingereicht worden.

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