Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 175
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0189
Johann Baptist Molitor und Johannes Diebold - Zwei caecilianische Kirchenmusiker aus Hohenzollern

seinen Dienstpflichten entlassen zu werden. Noch in der sachlichen und distanzierten Begründung
des Rücktrittsgesuchs, wie sie der Konstanzer Münsterpfarrer dem Ordinariat referiert
, ist die Resignation und Enttäuschung Molitors nicht zu überhören: Der Herr Chordirec-
tor Molitor geht mit dem Gedanken um, seine Stelle als Münsterchordirector niederzulegen
und das Anerbieten des Herrn Abtes von Emmaus in Prag anzunehmen2'', wornach er dort für
den Rest seines Lebens ein Asyl finde, um noch der hl. Musica nach Kräften zu dienen. Herr
Molitor ist seit Jahren Wittlaer2*, seine 4 Söhne sind jetzt alle in den Orden des hl. Benediaus
eingetreten29; nur noch seine Tochter Rosalie ist zu Hause. Diesselbe ist nun verlobt mit dem
bisherigen Chordirektor in Mehrerau Ernst de Werra. Diesem Herrn nun, dem künftigen
Schwiegersohn, möchte Herr Molitor seine Stelle verschaffen; unter denselben Besoldungsbedingungen
, wie Herr Molitor sie antraf, würde Herr de Werra sie mit Freuden annehmen10.
Molitor übergab seine Stelle am 15. November 1890 an Ernst von Werra31 und übersiedelte im
Winter 1890/91 nach Prag32. Im Jahr 1897 schließlich nahm er die Stelle als Domkapellmeister
und Chorallehrer im Priesterseminar in Leitmeritz33 an, wo er am 25. Mai 1900 starb34.

Molitor muß bereits im Lehrerseminar, spätestens aber bei seiner Tätigkeit in Beuron, mit
frühcaecilianischen Reformideen in Kontakt gekommen sein, denn in Sigmaringen machte er
sich schon gleich nach seinem Amtsantritt an die Umgestaltung der kirchenmusikalischen Gepflogenheiten
. Allerdings mußte er nicht ganz beim Nullpunkt beginnen, denn sein Vorgänger
Joseph Burtscher hatte in den zehn Jahren seiner Tätigkeit schon einige Vorarbeiten geleistet35.

Diese Reformen scheinen dringend nötig gewesen zu sein, will man eine Dienstanweisung
für den Kantor aus dem Jahr 1843 als Zustandsbericht sehen, in der es heißt: Der Kantor hat...
vor dem Anfange der Gottesdienste, bey welchen Kirchenmusik oder Gesang statt hat, so frühzeitig
auf dem Chor sich einzufinden, daß bey dem Beginn des Gottesdienstes die Instrumente
schon hergerichtet sind, auch die Musicalien bereits aufgeschlagen vorliegen, damit durch diese
Vorrichtungen während des schon begonnenen Gottesdienstes nicht Unruhe und Störung entstehe
, ... und noch zu rechter Zeit bey dem Herrn Chorregenten anzufragen, welche Music
angeordnet werde, und was für Musicalien er aufzulegen habe>b.

Vermutlich ist es keine unzulässige Überinterpretation dieser Vorschriften, wenn man annimmt
, es sei zumindest gelegentlich vorgekommen, daß bei Gottesdienstbeginn noch nicht

27 In Stift Emaus in Prag bestand seit 1880 eine von den Beuroner Benediktinern, die infolge des Kulturkampfes
aus Beuron vertrieben worden waren, gegründete Ordenskommunität. Abt von Emaus war seit
1885 P. Benedikt Sauter, der von 1863 bis 1866 als Cantor in Beuron Molitors Vorgesetzter gewesen war
(vgl. P. Virgil Fiala OSB: Ein Jahrhundert Beuroner Geschichte. In: Beuron 1863-1963 (wie Anm. 14),
S. 39-230, speziell S. 100-111) und das Ehepaar Molitor im Jahr 1866 in Beuron getraut hatte.

28 Maria Albertina Molitor geb. Glas starb laut Auskunft des Totenbuchs der Pfarrei St. Stephan, Konstanz
, am 24. Dezember 1884 im Alter von 48 Jahren an Brustkrebs.

29 Vgl. dazu auch Molitors Nachruf in: Der katholische Kirchensänger 13, 1900, S. 50-51: Auch der
Beuroner Benediktinerkongregation stand der Verstorbene in vielfacher Beziehung sehr nahe, nicht zum
mindesten dadurch, daß Gott ihn die seltene Freude erleben ließ, seine vier Söhne als Beuroner Mönche und
Priester zu sehen (drei in Beuron selbst und einer im Kloster Seckau in der Steiermark).

30 EAF, O 6244, Schreiben des Münsterstiftungsrats an das Ordinariat, 20. 9. 1890.

31 Ebd., Schreiben des Münsterstiftungsrats an das Ordinariat, 20. 10. 1890.

32 Vgl. Der katholische Kirchensänger 4, 1891, S. 14: Herr Rektor Schober gedachte der langjährigen,
verdienstvollen Wirksamkeit des nach Prag übersiedelten Herrn ]. B. Molitor .... Im o. a. Nachruf (vgl.
Anm. 29) heißt es allerdings, er sei erst 1896 nach Prag gegangen.

33 Wie Anm. 29, S. 51.

34 Vgl. ebd. In den einschlägigen Musiklexika ist als Sterbedatum stets nur das Jahr 1900 angegeben - sofern
Molitor überhaupt erwähnt wird.

35 Vgl. Mühlebach (wie Anm. 18).

36 PfA Sigmaringen, Nr. 210, »Instruction für den Cantor Konrad Siebenrock zu Sigmaringen«, 17. 2.
1843. In Sigmaringen gab es neben dem Amt des Kantors damals auch noch das des Chorregenten. Der
Chorregent, üblicherweise ein Geistlicher, war Vorgesetzter des Kantors. Vgl. Mühlebach (wie Anm. 18).

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