Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 176
(PDF, 85 MB)
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Christoph Schmider

alle Musiker auf der Empore, noch nicht alle Instrumente gestimmt, noch nicht alle Noten
aufgelegt waren. Auch Meinungsverschiedenheiten darüber, was eigentlich aufgeführt werden
sollte, scheinen bisweilen vorgekommen zu sein.

Systematische Reformen hatte Burtscher zwar nicht vorgenommen, aber als Gründungsmitglied
des »Vereins zur Beförderung katholischer Kirchenmusik in Hohenzollern«i? und
durch seinen Kontakt zu Kaplan Johannes Fidel Siebenrock38, der seit etwa 1853 seinen
schwerkranken Vater Konrad Siebenrock als Kantor vertreten hatte39, war er doch mit manchen
Reformgedanken vertraut. Daher fand Molitor später im Reptertoire des Sigmaringer
Kirchenchors neben vielem in seinen Augen Wertlosen auch Werke von Lasso, Palestrina und
Marcello vor40.

Molitor konnte mit der Umsetzung seiner Reformvorstellungen auf dieser recht guten
Grundlage aufbauen, wobei ihm sehr zugute kam, daß er mit Bedacht vorging. In einem Brief
vom 2. Juni 1867 an den Stadtpfarrer hatte er einen Plan entwickelt und als Ziele seiner Arbeit
die Einführung der zwei Gattungen von Musik, die für die Kirche verwendbar sind, angegeben41
. In Frage kamen für ihn nur der gregorianische Choral, oder die von der hl.
Kirche vorgeschriebene Musik, und der Contrapunct alla Palestrina,
oder die von der Kirche geduldete Musik42.

Am Anfang seines Schreibens hatte er zunächst in bewährter Manier den angeblichen Tiefstand
der hergebrachten Musik geschildert, wobei er durch einen argumentativen Kunstgriff
den möglichen Einwand, die bisher übliche Musik gefalle den Menschen, gleich als Irrtum
hinstellte: Die Kirchenmusik in hiesiger Stadtpfrrk. ist die reinste Profan-Musik mit untersetztem
hl. Texte. Daß viele musikalisch gebildete Leute des höhern und niedern Standes, sowie
viele Chormitglieder fühlen, daß diese Musik in der Kirche übel angewendet ist, davon habe
ich mich schon sehr oft überzeugt und alle jene, welche meinen, sie haben sich durch diese
Musik erbaut, machen eine einfache Begriffsverwechslung, indem sie zwischen Unterhaltung
und Erbauung keinen Unterschied machen und glauben sie seien erbaut worden, wenn die
Profanmusik sie gut unterhalten hat4i.

Auf dem Weg zur Reformierung der Musikpraxis wollte er jedoch behutsam vorgehen und
möglichst niemanden vor den Kopf stoßen. Die hergebrachte Figuralmusik wollte er einstweilen
noch beibehalten, sie jedoch auf die Hochfeste beschränkt wissen. Parallel dazu wollte er
durch gezielte Jugendarbeit einen Stamm von geübten und im Choral wie im Contrapunct alla
Palestrina erfahrenen Sängern heranziehen44.

Seine bisweilen etwas eigenwilligen Ansichten über den Gregorianischen Choral führte
Molitor in einer Stellungnahme zur Frage, ob schon in der Elementarschule Unterricht im
Choralgesang erteilt werden sollte, weiter aus45. Er sei, sagt er, entschieden dagegen, weil die
tiefe Musik, die der gregorianische Choral enthält, der heilige Ernst und hohe Schwung... ganz
andere Kräfte für ihre Ausführung in Anspruch nehmen als Elementarschüler besitzen
können .... Der Choral ist eine gro ß e Wissenschaft und erfordert vieljähriges Studium; er

37 Vgl. dazu die Ausführungen im Kapitel über Johannes Diebold.

38 Vgl. EAF, B2-39-17a, Schreiben des »Vereins...«. an das Ordinariat, 20. 7. 1851. Zu den Vorstandsmitgliedern
, die diesen Brief unterschrieben haben, gehören auch der Musiklehrer Burtscher und der Bene-
ficiat Siebenrock.

39 Vgl. Mühlebach (wie Anm. 18).

40 Vgl. Schmider (wie Anm. 1),S. 199-213.

41 PfA Sigmaringen, Nr. 210, Kantorstelle, Schreiben von J. B. Molitor an den Stadtpfarrer, 2. 6.1867.

42 Ebd., Hervorhebungen von Molitor.

43 Ebd., Hervorhebung von Molitor.

44 Vgl. ebd.

45 PfA Sigmaringen, Nr. 210, Kantorstelle, »Kurze Bemerkungen zu dem Konferenz-Aufsatz des Herrn
Musikdirektor Töpler über die 'Mitwirkung der Elementarschule zur Hebung des lateinischen Choralge-
sanges' - von J. B. Molitor, Organist und Chordirigent an der Stadtpfarrkirche zu Sigmaringen«, o. D.

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