Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 177
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0191
Johann Baptist Molitor und Johannes Diebold - Zwei caecilianische Kirchenmusiker aus Hohenzollern

ist aber auch eine große Kunst und verlangt vieljährige ununterbrochene Übung. ... Der
Gregor. Choral verlangt kräftige, klangvolle Männerstimmen; je größer der Chor, je praeciser
die Ausführung - desto besser die Wirkung. Greg. Choralgesänge von Elementarschülern und
Schülerinnen aufführen lassen, heißt geradezu denselben verunstalten und entwür-
digenU*6 Choral, so führt er dann noch weiter aus, könne nur von jenen gelehrt werden, die
bereits Gelegenheit ihn zu erlernen hatten, eine Voraussetzung, die von den meisten Volksschullehrern
kaum erfüllt werde; wirklich lernen könne man ihn schließlich nur da, wo er regelmäßig
und gut gepflegt werde, also in Beuron und in Solesmes47.

Molitor versuchte, die Konsequenz aus diesen prinzipiellen Schwierigkeiten zu ziehen und
die Sänger durch regelmäßige und intensive Proben allmählich in den Geist des Chorals einzuführen
, was ihm auch teilweise gelungen zu sein scheint. Allerdings kam bei seinen Reformbemühungen
dem Choral nur eine Nebenrolle zu, während er die Hauptaufgabe darin sah,
Kirchenchor wie auch Gottesdienstbesucher der Figuralmusik zu entwöhnen und sie mit dem
Palestrinastil vertraut zu machen.

Offenbar ging dieses Konzept auf, denn knapp zehn Jahre später konnte er stolz vermelden
, daß die Figuralmusik nunmehr völlig abgeschafft sei: Auf dem hiesigen Kirchenchore befinden
sich verschiedene Gegenstände, die voraussichtlich nie mehr gebraucht werden. Es sind
dieses vor Allem sehr viele Musikalien, die schon seit mehr als 30 Jahren ihren Werth verloren
haben, und die blos noch als Maculatur verwerthet werden können. Durch die Reform, welche
die Kirchenmusik in den letzten iJ Jahren erlitten, und welche sich nun auch in hiesiger Stadtpfarrkirche
auf ausdrücklichen Wunsch der höchsten Persönlichkeiten vollzogen hat, sind nun
auch alle Instrumente außer der Orgel überflüssig geworden. Es läßt sich nämlich bis zur Evidenz
nachweisen, daß die Kirchenmusik nur dann ihre wahre Größe und Schönheit entfalten
kann, wenn man sie auf das rein Vocale beschränkt. ... Die echte Kirchenmusik ist so zarter
Natur, daß sie durch jede Hinzuthat fremder, moderner Elemente verunstaltet und zu Grunde
gerichtet wird. Nur frei von allem Sinnlichen, Profanen, entfaltet sie ihren buntfarbigen,
geheimnißvollen Blüthenkelch*s.

Bald schon dehnte Molitor seine Reformbemühungen auf ganz Hohenzollern aus, näherte
sich Witts ACV an, und war maßgeblich dafür verantwortlich, daß am 29. August 1871 unter
dem Protektorate Sr. bischöflichen Gnaden des hochwürdigen Erzbisthumsverwesers Hrn. Dr.
Lothar v. Kübel^ aus Freiburg i. B. in Sigmaringen ein Verein für Hebung der katholischen
Kirchenmusik gegründet wurde, der einen Zweig des schon bestehenden, in Regensburg
gegründeten großen deutschen Cäcilien-Vereins bilden und in dessen Sinne und Geiste wirken
sollte50. In den ersten Jahren war er mit seinen Erfolgen durchaus zufrieden, und das öffentliche
Lob, das er von Franz Xaver Witt für seine Arbeit bekam51, bestätigte und bestärkte ihn
in seinem Reformeifer. Nicht immer und überall aber ging es so schnell vorwärts, wie er gehofft
hatte, und schon 1874 mußte er einsehen, daß er trotz aller Anstrengungen die Einführung
der Pfarrcäcilienvereine durchzusetzen nicht im Stande war und weder alle Pfarrer
noch alle Chorregenten und Organisten seine Ansichten teilten52. Auch in anderen Punkten

46 Ebd., Hervorhebungen von Molitor.

47 Ebd.

48 PfA Sigmaringen, Nr. 238, Musiker und Sänger, Schreiben von J. B. Molitor an den Stiftungsrat, 10. 9.
1875.

49 Lothar von Kübel (1823-1881), 1867 zum Weihbischof geweiht, seit 1868 Bistumsverweser in Freiburg
. Zu seiner Person und seinem Wirken siehe Karl-Heinz Braun: Hermann von Vicari und die Erzbischofswahlen
in Baden. Ein Beitrag zu seiner Biographie (Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte
35). Freiburg-München 1990, S. 240 (Lit.) S. 246-333.

50 Vgl. Fliegende Blätter für katholische Kirchenmusik 7, 1872, S. 50.

51 Vgl. z. B. Fliegende Blätter (wie Anm. 50) 8, 1873, S. 3-4, wo sich Witt beinahe enthusiastisch über
Molitors vorzügliche Arbeit vor allem als Musiklehrer am Gymnasium in Sigmaringen-Hedingen äußert.

52 Vgl. Fliegende Blätter (wie Anm. 50) 9, 1874, S. 26.

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