Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 185
(PDF, 85 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0199
Johann Baptist Molitor und Johannes Diebold - Zwei caecilianische Kirchenmusiker aus Hohenzollern

unserer Diöcese nur mit Erlaubniß des hochw'sten Ordinariates eingeführt werden, welche, so
weit wir unterrichtet sind, bis jetzt nicht erfolgt ist. Somit ist die Ausschreibung eines Musikfestes
, welches den ausgesprochenen Zweck verfolgt, die Gründung auswärtiger Cäcilienvereine
zu veranlassen und dieselben dem Vereine zu St. Martin unterzuordnen oder zu aggregiren,
gelinde gesagt, eine unberechtigte, bedauernswerthe Uebereilung. Ferner müssen wir dem
Gesangverein der untern Pfarrei die Berechtigung absprechen, sich, wie dies im Aufruf geschehen
ist, den Anschein zu geben, als sei er vorzugsweise dazu berufen, die Pflege der classischen
Kirchenmusik (wozu er auch die musikalischen Arbeiten des Hrn. Witt rechnet) in der Diöcese
Freiburg zu übernehmen. Es ist dies im Hinblick auf die künstlerischen Leistungen der Freiburger
Münsterkapelle und ihres um die ächte Kirchenmusik sehr verdienten Dirigenten, dessen
Schüler der Organist und Chorregent von St. Martin ist, eine naive Unbescheidenheit. Der
classische Kirchengesang wurde im Münster zu Freiburg seit mehr als zwanzig fahren gepflegt
.... Während der Advent- und Fastenzeit werden alljährlich die ausgezeichnetsten Tonschöpfungen
der großen classischen Kirchencomponisten, darunter Palestrina's unsterbliche Messe
papae Marcelli, zur Aufführung gebracht. Freilich hält man sich im Münster von der Einseitigkeit
ferne, dem contrapunktischen Gesang auf Kosten der kirchlichen Instrumentalmusik die
ausschließliche Herrschaft zu vindiciren. Auch ist es dort nicht üblich, nach einer gesungenen
contrapunktischen Messe einen überschwenglichen Lobartikel in die Zeitungen einrücken zu
lassen. Wenn man zu St. Martin oder anderwärts die musikalischen und materiellen Mittel
nicht besitzt, eine gute Kirchenmusik aufzuführen, so thut man allerdings am besten, auf den
Gesang ohne musikalische Begleitung sich zu beschränken. ... Wenn es dem Cäcilienverein zu
St. Martin um nichts anderes zu thun ist, als seine Kräfte und Bestrebungen der Förderung des
guten Kirchengesanges und der gottesdienstlichen Feier zu St. Martin zu widmen, so halte er
sich bescheiden in seinen localen Grenzen; sobald er dieselben, sei es auf auswärtige Anregung
hin oder aus Selbstüberschätzung, überschreitet und in Dinge sich mischt, die ihn nichts angehen
, wird er auf Collisionen und Schwierigkeiten stoßen, welche für ihn selbst nur nachtheilige
Folgen haben können121.

Dieser recht unverhohlenen Drohung in dem zwar nicht offiziell vom Ordinariat herausgegebenen
, zumindest aber mit dessen Billigung redigierten Kirchenblatt, scheint es, zusammen
mit dem mäßigenden und friedliebenden112 Einfluß Schweitzers, tatsächlich gelungen zu
sein, Diebold und seine caecilianischen Mitstreiter123 zu bremsen. Auch Franz Xaver Witt, der
1872 nur mit leichtem Unwohlsein nach Freiburg kam und aufgrund des zitierten Artikels
äußerte, er habe das Gefühl, er müßte dem Löwen in den Rachen laufen«12*, scheint Diebold
dazu angehalten zu haben, nicht ohne den Segen des Ordinariats die weitere Verbreitung des
Caecilianismus erzwingen zu wollen. Anläßlich seines Besuchs scheint es gar zu einem Ausgleich
gekommen zu sein, und Witt veröffentlichte einige Zeit später einen Bericht über seine
»Cäcilienfahrt 1872« und den Aufenthalt in Freiburg, der eine Reihe von Nettigkeiten über
Schweitzer enthält123 und auch Verständnis für die schwierige kirchenpolitische Situation in
der Erzdiözese Freiburg zeigt126.

In Hohenzollern faßten die caecilianischen Ideen durch Johann Baptist Molitor schon seit
1865 langsam, aber sicher Fuß, in Waldshut wirkte seit dem Jahr 1870 der spätere DCV-

121 Ebd.

122 Vgl. Schweitzer (wie Anm. 116), S. 294.

123 Vgl. ebd., S. 284, wo C. Schweitzer noch nach rund 60 Jahren unversöhnt von »Ubercäcilianern« redet
.

124 Vgl. ebd. S. 295-96.

125 Vgl. ebd. S. 295-96. In den Fliegenden Blättern (wie Anm. 50), 1873, S. 22-23, lobt Witt ausdrücklich
die von Schweitzer komponierte Orchestermesse und sagt, er hätte, wenn alle Instrumentalmusik so wäre
wie sie, nichts gegen deren Kirchlichkeit einzuwenden.

126 Fliegende Blätter (wie Anm. 50) 8,1873, S. 21-23.

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