Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 202
(PDF, 85 MB)
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Helmut Weißhaupt

Trotzdem fand in Meßkirch am 12. Juli 33 eine Gemeinderatssitzung statt, wozu alle bisherigen
Gemeinderäte eingeladen waren. Der Zentrumsvertreter Kempf fehlte entschuldigt,
während die beiden anderen, Reinauer und Jäger, erschienen. Darüber drückte der Fraktionsführer
der NSDAP und Bürgermeisterstellvertreter Groß sein Erstaunen aus. Da sich die
Meßkircher Zentrumsleute nach der Auflösung ihrer Partei nicht bei der NSDAP als Hospitanten
angemeldet hatten, stellte er den Antrag, daß diese Gemeinderäte die Sitzung auf der
Stelle zu verlassen hätten. Reinauer legte dagegen Protest ein und begründete seine Anwesenheit
mit der ordnungsgemäßen Einladung. Groß ging auf diese Argumentation überhaupt
nicht ein und erklärte ultimativ, daß entweder seine Fraktion das Sitzungszimmer verlassen
würde, oder aber die früheren Zentrumsgemeinderäte zu verschwinden hätten. Unter dem
Druck der Verhältnisse verließen die beiden Zentrumsleute das Rathaus. Am Tag darauf trat
Kempf zurück. An seine Stelle rückte der Ortsgruppenleiter der NSDAP, Ramsperger,
wodurch ein weiterer Schritt zur Gleichschaltung vollzogen wurde, denn ein Ortsgruppenleiter
sollte dem Gemeinderat angehören, da er ohnehin dauernd über alle Geschehnisse in der
Gemeinde unterrichtet sein sollte5'*.

Einen Tag später wurde in Berlin das »Gesetz über die Neubildung von Parteien« erlassen.
Demnach durfte keine Partei mehr gegründet werden; die NSDAP war als einzige politische
Partei in Deutschland zugelassen. Damit waren die letzten Reste der Weimarer Demokratie
beseitigt, und der nationalsozialistische Einheitsstaat nach nur etwas mehr als einem halben
Jahr gefestigt. Wer die Parteien aufrecht zu erhalten versuchte oder eine neue politische Partei
bilden wollte, riskierte schwerste Strafen.

Aus den Gemeindevertretungen mußten alle Personen ausscheiden, von denen nicht mit
voller Bestimmtheit eine vorbehaltlose und bereitwillige Zusammenarbeit mit dem NS-Staat
erwartet werden konnte. Das Karlsruher Innenministerium des Landes Baden machte das
besonders deutlich: Solche Personen müssen auf die eine oder andere Weise zum Ausscheiden
veranlaßt werden60. Was dies bedeuten konnte, nämlich Schutzhaft oder gar die Einweisung in
ein Konzentrationslager, dürfte den Meßkirchern spätestens nach der Verhaftung Albert Zimmermanns
klar gewesen sein.

Den beiden anderen Zentrumsräten, Reinauer und Jäger, blieb keine andere Wahl als ebenfalls
zurückzutreten, wollten sie nicht mit den Nationalsozialisten paktieren. Mit Anton
Weißhaupt und Joseph Hahn wurden die frei gewordenen Plätze aufgefüllt. Bis Ende Juli 1933
war der Meßkircher Gemeinderat fest in der Hand der NSDAP und eine seiner ersten Amtshandlungen
war der Beschluß zur Abschiebung Zimmermanns.

2.4. Gleichschaltung der Vereine

Um ihre Gewaltherrschaft nach allen Seiten abzusichern, genügte es den Nationalsozialisten
nicht, das politische Geschehen in jeder Gemeinden gleichzuschalten sowie politisch Andersdenkende
zu verhaften. Die nationalsozialistische Diktatur wollte bis ins kleinste Dorf hinein
die absolute Kontrolle über das politische, gesellschaftliche und kulturelle Leben der deutschen
Bevölkerung erlangen. Aus diesem Grunde wurden auch in Meßkirch alle Vereinsvorstände
auf ihre politische Zuverlässigkeit überprüft und der Partei nicht wohl gesonnene
Personen ausgewechselt. Der Kriegerbund war einer der ersten gleichgeschalteten Vereine,
damit die mehr wie schlimme pazifistische Ära des hiesigen Militärvereins ihr ruhmloses Ende
gefunden habe und nun der neue Vorstand im Sinne der alten militärischen Traditionen und
der heutigen Regierung die Geschäfte leitet. Ebenso bekamen der Turnverein und der Männerchor
im Juli 1933 neue Vorstände. Die anderen Vereinsvorstände erklärten der Regierung

59 H.V. vom 14.7.1933.

60 GA IV. 449.

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