Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 215
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0229
Sophie Scholl und das weibliche Reichsarbeitsdienstlager Krauchenwies

gen, Weihwang, Zielfingen, im badischen Göggingen - und eben auch in Sigmaringendorf25.
Im Juni 1941 werden dabei insgesamt 1369 Tagwerke auf insgesamt 58 Einsatzstellen in elf
Ortschaften für Aufwandsbeiträge von 410,70 RM abgerechnet, elf Einsatzstellen davon befinden
sich in Sigmaringendorf26. Einer der Sigmaringendorfer Außendienststandorte ist der
Hof des damaligen Ortsbauernführers Friedrich Ott, wo im Juni 1941 von vermutlich einer
»Arbeitsmaid« 26 Tagwerke gegen eine Aufwandsvergütung von 7,80 RM geleistet werden. Es
handelt sich dabei mit großer Wahrscheinlichkeit um die Nachweisung und Abrechnung für
den Einsatz von Sophie Scholl. In Sigmaringendorf jedenfalls hat sich die Erinnerung gehalten
, daß die spätere Widerstandskämpferin im Sommer 1941 auf dem Ottschen Hof tätig gewesen
ist27. Die in Sigmaringendorf eingesetzten RAD-Mädchen seien mit ihren Fahrrädern
am Morgen gemeinsam in den Ort gekommen und hätten sich abends, nach dem Arbeitsende
auf den Höfen, unter dem »Lindenbaum« beim damaligen Gasthaus »Adler« zur Rückfahrt
nach Krauchenwies getroffen.

Im August 1941 sodann ist Sophie Scholl im Haushalt der Krauchenwieser Arbeiter- und
Kleinbauernfamilie von Wilhelm Krall beschäftigt28. Zwischen der jungen Frau und der Krauchenwieser
Familie entwickelt sich in der kurzen Zeit ihrer Zusammenarbeit ein herzliches
Verhältnis, das auch in den Briefen von Sophie seinen Niederschlag findet. Ihrer Freundin Lisa
Remppis schreibt sie am 23. August, daß sie jetzt wieder in den Außendienst gehe, um das
kleine Kindchen zu versorgen, da die Leute auf dem Feld arbeiten. Eigentlich hätte sie einen
freien Nachmittag, aber sie verbringe die Zeit ganz gerne im Außendienst, denn dort bin ich ja
ganz allein mit dem kleinen Kind und fühle mich in dem winzigen Haushalt, den ich versorge,
überhaupt wohl. Die Arbeit sei oft schön und mache Freude, aber der Unter- und Hintergrund
bleibt ja doch immer das Lager. Das ist ein Druck, an den man sich schon so gewöhnt
hat, daß er bald unbewußt wird, wenn man nichts anderes mehr weiß und sieht. Ihrem Bruder
Werner schreibt sie vier Tage später, daß ihre Arbeit im Außendienst gerade sehr nett sei und
sie dabei eine gewisse Freiheit habe. Sie sei in einer einfachen kleinen Familie und sehr, sehr
herzlich mit ihr; die kleine Wohnung, die ich instand halte, kommt mir vor wie mein eigen.
Gegenüber ihrer Schwester Inge charakterisiert sie am selben Tag ihre Gastfamilie und ihre
Tätigkeit noch etwas näher: Der Mann, also Wilhelm Krall, arbeite in einer Munitionsfabrik,
bei der es sich, wie sich von Zeitzeugen ermitteln ließ, um das Hüttenwerk Laucherthal gehandelt
hat29. Wenn sie morgens das Haus betrete, sei die Frau - Agathe Krall geb. Frick - zumeist
schon fort und besorge ihr bißchen Landwirtschaft. Da habe ich zuerst das Kind zu baden, zu
füttern, seine kleine Wäsche zu waschen (es wird unendlich oft trocken gelegt, und auch sonst
äußerst verwöhnt). Dann die Wohnung sauber machen, das Mittagessen soweit zu richten.

25 Abrechnungen des Bezirksverwalters des Bezirks Xll des Reichsarbeitsdienstes für die weibliche
Jugend in Stuttgart für den Bürgermeister von Krauchenwies 1940-1944 (GA Krauchenwies, Rechnungsbeilagen
1940-1944).

26 GA Krauchenwies, Rechnungsbeilagen 1941/11. Die Verteilung der Einsatzstellen auf die einzelnen
Ortschaften im Juni 1941: Krauchenwies 21, Ablach 9, Bittelschieß 3, Glashütte 2, Göggingen 5, Ettis-
weiler 2, Habsthal 1, Rulfingen 1, Sigmaringendorf 11, Weihwang 1, Zielfingen 2.

27 Aussage von Marianne Ziehler (wie Anm. 11).

28 Vgl. hierzu die Briefe von Sophie Scholl an Lisa Remppis v. 23. 8. 1941 (Jens (wie Anm. 10), S. 231 f.),
an ihren Bruder Werner v. 27. 8. 1941 (Jens, S. 232f.) sowie an ihre Schwester Inge v. 27. 8. 1941 (Jens,
S. 234). Die folgenden Schilderungen und Zitate sind diesen Briefen entnommen. Die Schreibung »Krele«
in der von Inge Jens bearbeiteten Edition der Briefe und Aufzeichnungen von Sophie Scholl (S. 234)
beruht vermutlich auf einem Lesefehler.

29 Protokoll der Zeitzeugenbefragung von Josefine Wolfsturm geb. Krall, Bingen, durch Kreisarchivar
E. Weber v. 3. 7. 1997 (KAS) sowie freundliche Mitteilung des Sigmaringendorfer Heimatforschers Oskar
Guide v. 4. 7. 1997.

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