Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 231
(PDF, 85 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0245
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burladingen (1945-1948)

Her, weil ich einfach gedacht habe, das übersetzt der nicht richtig, das kann doch gar nicht
sein. Und dabei war's so. Das war schon eine schwierige Zeit, das muß ich sagen«301.

Seine Aufgaben als Bürgermeister in der damaligen Zeit charakterisiert der Interviewpartner
heute wie folgt: »Für mich persönlich, ich kann sagen schon als ein bißchen abgebrühter
Soldat mit dem, was man hinter sich gebracht hat oder hat bringen müssen in den Jahren, mit
den Besatzungstruppen herumstreiten und so, das hat mir direkt Spaß gemacht. Viel schwieriger
war die Auflage, nächste Woche kommt eine Familie mit so- und soviel Leuten, die müßt
ihr jetzt wieder unterbringen. Das war für mich viel schwieriger mit der eigenen Bevölkerung.
Und man hat ja gesehen, daß keiner etwas übrig hat. Das war viel schwieriger«302.

Der Bürgermeister hatte in dieser Zeit oft unpopuläre Maßnahmen durchzuführen, wobei
er sich nicht nur bei der Bevölkerung unbeliebt gemacht hat. Es kam auch bei den Verhandlungen
mit den Franzosen häufig zu harten Auseinandersetzungen und Zusammenstößen.
»Berüchtigt war der für die Aufbringung von Vieh und landwirtschaftlichen Abgaben aller
Art zuständige französische Offizier. Dieser kam jede Woche ein bis zwei Tage aus Tübingen
und fuchtelte mit seiner Reitpeitsche, die er ständig bei sich trug, auf den Rathäusern herum.
Er schlug damit auf den Tisch, wenn er Widerstände spürte und seinen Anforderungen nicht
gleich entsprochen wurde«303.

Der Bruder des damaligen Burladinger Bürgermeisters erinnert sich an dessen vielfältige
Schwierigkeiten in der Zeit der französischen Besatzung: »Er war gerade in der schlimmsten
Zeit Bürgermeister. Dort, als die Franzosen hereingekommen sind. Er hat da drüben gewohnt,
dann sind sie oft - so wie er erzählt hat, ich war noch nicht da - hereingekommen mit der Reitpeitsche
, der Hauptmann von der Besatzung hier. Um die und die Zeit müsse er so- und soviel
Zentner Heu abliefern, um die und die Zeit müsse er soviel und soviel Stück Vieh haben. Ja
jetzt, wo sollte er es hernehmen? Dann mußte er im Ort herumspringen, und da ist keiner so
freigiebig gewesen und hat gesagt, von mir kannst du haben. Dann hat er's eben einfach beschlagnahmen
müssen. Es ist damals schon eine schlimme Zeit gewesen«304.

Zwei Zeitzeugen berichten über die Probleme des Bürgermeisters hinsichtlich der Unterbringung
der Flüchtlinge und der landwirtschaftlichen Ablieferungen - aufgrund verwandtschaftlicher
Beziehungen zum damaligen Bürgermeister Johann Graf eventuell nicht völlig
neutral. »Da war der Johann schon Bürgermeister, und da gab's Schwierigkeiten mit dem Unterbringen
der Flüchtlinge. Das ist schwierig gewesen. Er mußte dann das mit der Unterbringung
alles organisieren. Er hat viel Arbeit gehabt, ohje, und ist auch viel gescholten worden.
(Frau H., d.V.) Da gab's viele Anfeindungen. Hat er dem etwas gegeben, ist es da nicht recht
gewesen; hat er dem etwas gegeben, ist es auch nicht recht gewesen. Das war damals ein undankbarer
Posten. (Herr H.) Das war da ganz schlimm. Dann sind die Leute noch zu meinem
Schwiegervater gekommen und haben geschimpft. Der Johann hat das gemacht, der Johann
hat jenes gemacht. Die Leute mußten ja damals Vieh abliefern und Getreide und Schweine.
(Frau H.) Wenn ein Stück Vieh gefehlt hat, hat's geheißen: Ja, du hast Vieh, dann holt man's bei
dir! Und bei uns hat man's dann geholt, wenn ihm gerade noch eines gefehlt hat, bloß damit er
sein Soll gehabt hat. Sogar als er einmal Fieber gehabt hat, haben ihn die Franzosen hinausgetrieben
und dann mußte er auf's Rathaus kommen. Ich weiß nicht, was sie dort wollten, Heu
oder auch Vieh. Requirieren wollten sie dort und dann haben sie ihn aus dem Bett herausgeholt
, obwohl der Fieber gehabt hat (Herr H.)«305.

Mit Zustimmung der Militärregierung konnten die Städte und Gemeinden ab September
1945 einen Bürgerausschuß bilden, der allerdings nicht von der Bevölkerung gewählt wurde.

301 Ebd.

302 Ebd.

303 Speidel (wie Teil I, Anm. 133), S. 248.

304 Interview mit Herrn H. am 16.5.1991.

305 Interview mit Ehepaar H. am 16.5.1991

231


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0245