Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 235
(PDF, 85 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0249
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burladingen (1945-1948)

3.1.3. »DIE SCHÜLER MUSSTEN HIER FRANZÖSISCH LERNEN«

Die Franzosen vertraten bezüglich der Art und Weise der Umerziehung der Deutschen ihre
eigene Position: Menschlichkeit und Demokratie seien lange Lernprozesse, die nur Erfolg
hätten, wenn sie von Grund auf durchgeführt würden. Folglich ist es nur allzu verständlich,
daß sich ihre Erziehung in erster Linie auf Kinder und Jugendliche konzentrierte. Anders als
die Amerikaner und Briten versuchten die Franzosen, in ihrer Zone das gesamte Erziehungssystem
zu erneuern und dem französischen weitgehend anzupassen320.

Da die Beseitigung des nationalsozialistischen Gedankengutes aus dem Unterrichts- und
Erziehungswesens eine langwierige Aufgabe darstellte, die Kinder und Jugendlichen aber in
der Zwischenzeit nicht ohne Beschäftigung bleiben konnten, wurden die Schulen in der französischen
Besatzungszone im Herbst 1945 wieder geöffnet. Im Kreis Hechingen konnte der
Unterricht an den Schulen - in Burladingen war er am 24. April 1945 morgens halb sechs Uhr
eingestellt worden321 - zum gleichen Zeitpunkt wieder aufgenommen werden. In den historischen
Quellen (Schulchronik, Heimatbuch, Chronik der katholischen Pfarrgemeinde) treten
unterschiedliche Angaben über den Zeitpunkt des Schulbeginns in Burladingen auf. Sie reichen
entsprechend den verschiedenen Jahrgängen der Burladinger Volksschule vom 20. September
bis Mitte November 1945.

Nachdem die französische Militärregierung im August 1945 vorübergehend alle Lehrer,
die Mitglieder der NSDAP waren, aus dem Schuldienst entlassen hatte, zeigte es sich, daß mit
den nicht beanstandeten 25 Prozent322 ein sinnvoller Schulbetrieb nicht aufrechterhalten werden
konnte. Zudem waren im Krieg viele Lehrer gefallen, und andere befanden sich zu diesem
Zeitpunkt noch in Gefangenschaft.

Aufgrund des Lehrermangels war die Militärregierung bereit, »grundsätzlich allen Lehrern
die Chance zur weiteren Ausübung ihres Berufes zu geben, sofern sie nicht aufgrund ihrer
politischen Vergangenheit von vornherein als aussichtslose Fälle anzusehen waren«323. »Im
August 1945 erteilte die Militärregierung eine Weisung, in der sie die allgemeine Entlassung all
jener Lehrer anordnete, die Mitglied der NSDAP gewesen waren, in einer nationalsozialistischen
Organisation eine führende Position innegehabt oder während des Krieges in Frankreich
unterrichtet hatten. Zugleich wies sie aber darauf hin, daß alle Entlassenen sofort um
Wiedereinstellung nachsuchen könnten. Die betroffenen Lehrkräfte dürften jedoch nicht als
Beamte in den Staatsdienst übernommen werden. Die Militärregierung wollte sich so das
Recht vorbehalten, die wiedereingestellten Lehrkräfte jederzeit aus dem Schuldienst zu entlassen
, sofern Bedenken wegen ihrer politischen Vergangenheit oder ihrer derzeitigen Amtsführung
auftauchen sollten. Die erwähnte Entnazifizierungsmaßnahme hatte allerdings nur
vorübergehenden Charakter. Die endgültige Überprüfung der gesamten Lehrerschaft erfolgte
im Rahmen der politischen Säuberungen von Frühjahr 1946 an durch die vom Staatssekretariat
eingesetzten Säuberungskommissionen. (...) Die von diesen beschlossenen Maßnahmen -
sie umfaßten Strafversetzungen, Beförderungssperren, Gehaltskürzungen, vorzeitige Pensionierung
, vorübergehende Anstellung oder endgültige Entlassung - wurden von der Militärregierung
in vielen Fällen revidiert und verschärft«324.

Die Lehrer, die in Burladingen in der NS-Zeit unterrichtet hatten, mußten sich nach dem
Krieg ebenfalls einer politischen Säuberung unterziehen, und so wurde auch hier die Mehr-

320 Vgl. Thies, Van Daak (wie Teil I, Anm. 142), S. 120.

321 Schulchronik Hauptschule Burladingen, Verfasser: August Speidel, S. 94.

322 Rolf Winkeler: Schulpolitik in Württemberg-Hohenzollern 1945-1952. Eine Analyse der Auseinandersetzungen
um die Schule zwischen Parteien, Verbänden und französischer Besatzungsmacht. Veröffentlichungen
der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. 66. Band. Stuttgart
1971, S. 18.

323 Ebd. S. 19.

324 Ebd. S.20.

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