Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 249
(PDF, 85 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0263
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burladingen (1945-1948)

landwirtschaftlichen Produkten und des abzuliefernden Viehs große Schwierigkeiten. Manche
Bauern fühlten sich ungerecht behandelt. Andere wollten nicht einsehen, daß die für die Abgabepflichtigen
oft harten Maßnahmen im Interesse der Allgemeinheit erforderlich waren.
Immer wieder mußten Angestellte des Landratsamtes in die Gemeinden geschickt werden, um
die Bürgermeister bei dieser schwierigen Aktion zu unterstützen. Mancherorts mußte gegen
die säumigen Ablieferer energisch vorgegangen werden. Von Fachleuten wurden Ernteschätzungen
vorgenommen, Hof- und Kellerbegehungen fanden statt, um die Angaben der Landwirte
zu überprüfen. Gegen uneinsichtige und böswillige Nichtablieferer wurden Geldbußen
verhängt. (...) Andererseits wurden Gemeinden wie auch Landwirte mit besonders guten Ablieferungsergebnissen
bei Zuteilungen, vor allem bei der Vergabe landwirtschaftlicher Geräte,
wie Sensen, Gabeln, Rechen, Hacken und dergleichen, besonders berücksichtigt«393.

Die Versorgungslage der Bevölkerung wird von allen Gesprächspartnern/innen als ein
bedeutender Aspekt der Besatzungszeit erinnert. Die Burladinger/innen berichten in ihren
Erzählungen und Erinnerungen, die sie häufig mit den städtischen Verhältnissen kontrastieren,
daß auf dem Land kein Nahrungsmangel geherrscht habe, man sich nach dem Krieg zwar etwas
einschränken, jedoch nicht hungern mußte. »Hunger hat man auf dem Land nicht gehabt. In
den Städten schon, aber hier bei uns hat ja jeder ein bißchen Landwirtschaft gehabt. Oder die
meisten, und dann konnte man den anderen auch noch ein bißchen etwas abgeben. Ich meine,
es haben auch viele Familien nichts gehabt, aber ich glaube, Hunger leiden mußte man hier
nicht. Man war natürlich froh, wenn man einmal ein Brot oder so etwas gehabt hat«394. »Das war
ideal hier mit ein bißchen Landwirtschaft und die Lebensmittelkarten noch dazu. Das ging
dann schon. Man mußte sich dann da und dort ein bißchen einschränken, aber es ging dann
trotzdem ohne Not. Es war natürlich so: Wenn die Getreideernte vorbei war, dann waren natürlich
viele Leute unterwegs, die keine Landwirtschaft hatten, und haben die Ähren, die noch auf
dem Boden gelegen sind, aufgesammelt. Und bei den Kartoffeln genauso«395.

»Die Hungersnot war nicht so groß hier. Aber es war auch nicht so üppig, daß jeder dabei
fett geworden wäre. Jeder hat ja ein bißchen Landwirtschaft gehabt und Verwandte, die Landwirtschaft
gehabt haben. Das war natürlich in den Städten viel schlimmer. Hier war also die
Not nicht so groß.Und dann vor allen Dingen in der Ernte sind die Frauen, die keine eigene
Landwirtschaft hatten, eben hinter dem Erntewagen hergelaufen und haben die Ähren aufgesammelt
, die so heruntergefallen sind. Ich hatte zum Beispiel eine Nachbarin, die konnte das
ganze Jahr ihre Hühner halten bloß mit den aufgesammelten Ähren. Und auch über die Kartoffelfelder
sind nachher noch Leute gelaufen und haben geguckt, ob sie noch ein paar Kartoffeln
finden. Und dann da drüben am Wald hat's sogenannte Teile gegeben. Das waren vielleicht
Stücke mit 25 bis 30 Quadratmetern. Da hat man alles angepflanzt, was nur anzupflanzen
war. Salat oder so konnte man ja nicht pflanzen, den hätten ja die Hasen gefressen, da hätte
man ja nichts davongebracht. Aber Kartoffeln und Kohlrabi, solche Sachen hat man natürlich
schon gepflanzt. Das haben auch diejenigen gemacht, die einen Garten hatten. Jeder, der eben
ein Stück wollte. Das war praktisch so ein kleiner Brotnebenerwerb. Ich sage ja, die Not war
schon groß. Leute, die zum Beispiel gar nichts gehabt haben, keine Landwirtschaft und kein
Huhn, da war's schon schlecht. Die haben schwer da durch müssen«396. »Man hat immer genug
zu essen gehabt. Also ich muß ehrlich sagen, ich persönlich habe nie eine Not gehabt.
Mein Schwager ist Metzger gewesen, und die Mühle habe ich auch gehabt. Ich habe vielen
Leuten immer einmal wieder ein bißchen etwas gegeben. Ich bin jeden Freitag nach Hechingen
und habe den Nachbarn etwas geholt«397. »Mit dem Essen hat man sich durchschlagen

393 Speidel (wie Teil 1, Anm. 133), S. 258.

394 Interview mit Frau G. am 29.4.1991.

395 Interview mit Herrn G. am 29.4.1991.

396 Interview mit Herrn D. am 9.4.1991.

397 Interview mit Frau C. am 12.3.1991.

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