Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 252
(PDF, 85 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0266
Ute Weidemeyer-Schellinger

habt hat, dann hat er meistens zwei Kälber im Jahr gehabt. Wenn natürlich einmal eine Kuh
zwei Kälber gehabt hat und eines ist eingegangen, dann hat man das aus dem Stall herausgezogen
und hat's an eine andere Stelle gelegt und hat gesagt: Da liegt das Kalb. Und das andere ist
nachher den Heldentod gestorben. Das hat's auch gegeben«407.

Die Burladinger Gesprächspartner/innen erinnern sich zusätzlich an andere Methoden der
Selbstversorgung, denn da bis zur Währungsreform im Jahr 1948 keinerlei Einkäufe getätigt
werden konnten, mußte man sich mit viel Eigeninitiative zu helfen wissen. Da beinahe alle
über den Tauschhandel und/oder das Hamstern verschiedenster Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände
berichten, scheint dies auch in Burladingen eine durchaus typische Manier
gewesen zu sein, um die vorhandenen Nahrungsmittel in der damaligen Zeit etwas aufzubessern
; vielleicht auch für viele Menschen die einzige Chance, sich und insbesondere die Kinder
nicht allzu einseitig ernähren zu müssen.

In Burladingen war es üblich, Textilien aus den bereits wieder wirtschaftenden Betrieben
bei den Bauern gegen entsprechende Nahrungsmittel einzutauschen. »Man konnte dann auch
ab und zu in Trikot etwas erwischen und konnte dann einmal dies oder jenes eintauschen. Und
da haben die natürlich überall in der Gegend Schafwolle gekauft, aufgekauft, umgetauscht gegen
Strickwolle, Handstrickwolle hauptsächlich. Die Frauen konnten dann Socken oder
Strümpfe stricken. Ich meine, ich habe mir dann natürlich die Sache auch zunutze gemacht.
Ich bin dann nach Stetten bei Haigerloch - da ist meine Frau her -, und dann haben wir auch
samstags einen Sack voll Wolle mitgenommen, also Strickwolle, und haben da unten dann
Schafwolle eingetauscht. Vier Kilo Schafwolle gab ein Kilo Strickwolle. Die Schafwolle mußte
ja noch gewaschen und gekämmt werden und alles mögliche, da ging dann ja schon noch
etwas drauf. Aber immerhin hat das zusätzlich dann auch einmal wieder ein Stück Butter mit
eingebracht. Also, so von mir aus gesagt, war's nicht so schlecht«408.

Eine Informantin greift in ihrer Erinnerung den in diesen Zusammenhang gehörenden Terminus
der Währungsreform auf und betont, daß man erst nach der Reform ohne Tauschhandel
und Hamstern leben konnte. Bis Juli 1948 stellte dies die einzige Möglichkeit dar, um an
entsprechende Nahrungsmittel zu gelangen, denn einerseits war die Reichsmark nichts wert,
und andererseits konnte käuflich nirgends etwas erworben werden. »Da war nur Tauschhandel
, also bis 48, als die Währungsreform kam, ging alles nur auf Tausch. Gibst du mir, geb' ich
dir! Und dann kam ja anno 48 die DM. Da war ja dann die Währung, und dann war auf einmal
alles da. Man hat ja nie alles hergegeben, das war ja der Wert, weil die Reichsmark hatte ja keinen
Wert mehr. Man konnte ja nichts damit kaufen. Auch die Arbeiter in den Fabriken, die
man gehabt hat, die hat man immer mit Ware bezahlt. Denen hat man immer Hemden und
Sachen gegeben, weil mit der Reichsmark konnten sie ja auch nichts anfangen. Das hat man
wohl auf dem Papier abgerechnet, aber wenn die 100 Mark hatten, was sollten sie kaufen? Es
gab ja nichts. Dann hat man den Leuten auch Hemden gegeben, und das hat man dann dem
Lohn entsprechend umgerechnet. Dann konnten sie wenigstens damit auch wieder tauschen
und sich etwas einkaufen. Man hat ja dann auch keine Karten mehr gehabt. Im Krieg hat man
Lebensmittelkarten gehabt, aber das gab's ja dann nachher auch nicht mehr. Vorher war ja
wenigstens gewährleistet, daß das, was auf der Lebensmittelkarte steht, auch gekauft werden
konnte. Aber nach dem Krieg gab's ja nichts mehr, da gab's ja dann überhaupt nichts mehr. (...)
Dann ist man immer ins Badische gefahren, weil das ja so fruchtbar war, und hat da dann auch
Schnaps geholt und Tabak. Die haben ja immer Tabak angepflanzt. Und dann haben wir auch
Hemden mitgenommen, und dann ist man mit dem Holzvergaser da hineingefahren. Dann
kamen auch Kontrollen bei den Franzosen, die haben immer kontrolliert, was man in den
Autos hat. Da mußte man immer alles schwer verstecken. Und mit Schnaps hat man dann
wieder bei den Bauern Mehl bekommen und Butter und so etwas. Weil Hemden hatten sie

407 Ebd.

408 Ebd.

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