Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 279
(PDF, 85 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0293
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burladingen (1945-1948)

wieder gekriegt. Zum Beispiel der, der auf dem Rathaus Kassierer war oder so irgend etwas,
der war auch Nazi. Aber der hat das Amt gleich wieder gekriegt. Man hat ja niemand anderen
gehabt, der das auch hätte können. Man hat das in Burladingen schon in etwa gewußt, wer da
alles betroffen war«494.

Daß die politische Säuberung in Burladingen ebenso gehandhabt wurde wie in der gesamten
französischen Zone, in der es »nur erwartet wurde, daß sich die Behörden von den ganz
schwarzen Schafen trennten, die sich in den zurückliegenden Jahren allzu sehr exponiert hatten
«495, illustrieren die Erinnerungen der Burladinger Zeitzeugen/innen. »Der Bruno Seemann
war ja Ortsgruppenleiter, den haben sie eben auch in Hechingen eine Zeitlang eingesperrt
. Aber verurteilt worden sind die Burladinger Nazis nicht. Die können vielleicht Geldstrafen
gekriegt haben, aber das hat man nie so erfahren. So im großen ganzen, was soll ich da
sagen? Wissen Sie, da gab's Leute, die haben nachher gesagt, jeder, der eine braune Uniform
angehabt hat, das war ein Verbrecher. Vorher hat keiner gesagt, du bist ein Verbrecher oder
dieses oder jenes«496. »Den Burladinger Nazis ist gar nichts passiert. Gerade der Apotheker
Weißenfels ist nachher in der Kirche der Vorderste gewesen und hat die Hände hochgehalten
und hat nichts mehr wissen wollen vom Hitler und von den Nazis. Sie sind dann ein paar Wochen
in das Ölschieferwerk nach Balingen gekommen, dort haben sie arbeiten müssen. Also
denen allen ist groß nichts passiert, als daß sie ein paar Wochen in Balingen drüben gewesen
sind, der Seemann und der Weißenfels. Sonst wüßte ich keinen«497. »Der Apotheker Weißenfels
, das war der erste Nazi. Der ist, soviel ich weiß, weggewesen. Die sind da drüben nach Balingen
gekommen zum Arbeiten, aber auch nicht lange. Von Burladingen sind höchstens einer
oder zwei 14 Tage bei Balingen drüben gewesen. Da hat der Apotheker dann kurze Hosen angehabt
«498. »Den Seemann haben sie ja lange in Balingen gehabt, aber der hat niemand etwas
getan. Den hätte man ruhig hierlassen können«499. »Man hat ja gewußt, daß sie eingesperrt gewesen
sind, das ist bekannt gewesen. Die waren in Balingen eingesperrt. Das hat man gewußt
vom Seemann. Aber sonst waren keine eingesperrt. Und der Apotheker war ja freischaffend,
der konnte ja nicht zurückgestuft werden«500.

Auch wenn der Apotheker nach Meinung der Interviewpartnerin in der Gehaltsklasse
nicht zurückgestuft werden konnte, wurde ihm am 27. Oktober 1947 aufgrund der Rechtsanordnung
zur politischen Säuberung folgende Entscheidung mitgeteilt: »Abführung von zehn
Prozent des Nettoarbeitseinkommens auf die Dauer von sechs Jahren, 1 lb/1 lc/12b/13 auf
drei Jahre«501. Im September 1948 schrieb der Burladinger Apotheker an den Staatskommissar
für die politische Säuberung: »Ich trat im April 33 in die Partei ein, wurde zum Stützpunktleiter
ernannt, dann durch die erreichte Mitgliederzahl zum provisorischen Ortsgruppenleiter
ernannt, welches Amt ich bis Oktober 33 innehatte. Also zu einer Zeit, in der die Partei auch
im Auslande anerkannt war. Ich hatte zu der ersten größeren Versammlung den hiesigen Pfarrer
und seinen Vikar eingeladen, die auch beide erschienen waren. Im Oktober wurde ich dann
abgesetzt. Ich habe nun den Eindruck, daß meine Entlastungsschreiben, meine Verhaftung am
8.9.45, Haftdauer dreieinhalb Tage, meine Internierung vom 1.4. bis 30.9.46 im Internierungs-
lager Balingen bei der Sühnezumessung nicht berücksichtigt wurden. Da ich aber Interesse
daran habe, meine Akten einzusehen, bitte ich, daß mir ein Tag zur Einsichtnahme derselben
genannt werde. Da ich nun in Erfahrung gebracht habe, daß zum Beispiel mein Nachfolger im

494 Interview mit Frau F. am 16.4.1991.

495 Henke (wie Anm. 464), S. 26.

496 Interview mit Herrn D. am 9.4.1991.

497 Interview mit Herrn H. am 16.5.1991.

498 Interview mit Frau E. am 15.5.1991.

499 Interview mit Frau C. am 12.3.1991.

500 Interview mit Frau B. am 18.2.1991.

501 Private Unterlagen.

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