Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 292
(PDF, 85 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0306
Ute Weidemeyer-Schellinger

höchstens am Platz. Man sagt ja, wenn's irgendwo eng ist und zu viele Leute da sind, dann gibt's
Spannungen. Das ist genauso wie bei den Aussiedlern. Und so ähnlich stelle ich mir das vor. Wir
selbst haben ja keine Flüchtlinge gehabt, aber ich stelle mir das so vor. Das lag sicher nur am
Platz und nicht an der Konfession. Da hat niemand gefragt, wenn die hereingekommen sind:
Bist du evangelisch oder bist du katholisch?«553 »Am Anfang hat's vielleicht geheißen, du
lutherischer Zipfel oder so, aber sonst kann ich mir nicht vorstellen, daß es wegen der Konfession
Schwierigkeiten gegeben hat. Burladingen hat ja vor dem Krieg zwei Evangelische gehabt,
sonst sind sie alle erst nach 1946 gekommen«"4. »Also das kann ich mir nicht vorstellen, daß die
Flüchtlinge aufgrund der Konfession mit der einheimischen Bevölkerung Schwierigkeiten hatten
. Das Problem war eben, daß jeder sowieso in seinen Lebensverhältnissen, Wohnraum usw.
beschränkt war. Gucken Sie doch die alten Häuser an. Da war kaum Platz. Es war ein Problem
mit der Küche und den sanitären Einrichtungen, obwohl man dort nicht die Ansprüche gehabt
hat wie heute. Und wenn sich dann jemand bereitgefunden hatte oder genötigt wurde, eine
Familie aufzunehmen, ich glaube, daß da die Konfession keine Rolle gespielt hat. Also ich glaube
nicht, daß man hier gehässig war. Das war mit den Katholiken genauso, wenn sie irgendwo
in einer evangelischen Gegend waren, dann waren sie auch exotisch«"3. »Also ich bin im Mai 48
von der Gefangenschaft heimgekommen, und ich habe das mit den Flüchtlingen gar nicht so
empfunden. Ich war vier Jahre lang bei lauter Norddeutschen als Soldat, und deshalb ist mir das
hier gar nicht so vorgekommen, daß mir das irgendwie fremd gewesen wäre. Als Soldat hat man
auch nicht gefragt: Bist du evangelisch oder bist du katholisch? Wichtig war, daß man miteinander
gut ausgekommen ist. Aber Reibereien wegen dem Glauben, das kann einmal gewesen sein,
aber mir ist da überhaupt nichts bekannt. Also, daß es da Schwierigkeiten, daß es da Spannungen
gegeben hat, glaube ich nicht«556.

Eine Interviewpartnerin, die als Flüchtling Mitte 1947 aus Westpreußen nach Burladingen
gelangt ist, verbindet das damalige zurückhaltende Verhalten der Einheimischen nicht
zwangsläufig und ausschließlich mit der unterschiedlichen Konfession. »Das war schon ein
bißchen der Grund am Anfang. Das war eben, man war Flüchtling, und dann war man noch
evangelisch. Aber katholische Flüchtlinge sagen, uns ist es genauso gegangen wie euch«557.
»Aber das war in anderen Orten überall fast das gleiche, weil die Wohnungen waren klein.
Wenn man sagen würde, heute kommen welche, dann könnte man's in die Häuser hineintun,
denn jeder kann entweder unten ausbauen oder hat ein Zimmer frei. Aber das ging damals
nicht, weil die Wohnungen klein waren. Und Material zum Ausbauen hätte man sowieso nicht
gehabt, kein Holz, keinen Nagel, nichts hat man gehabt. Die Leute (Flüchtlinge, d.V.) haben
ab und zu einmal etwas gekriegt, vielleicht einmal einen Kessel oder solche Kleinigkeiten.
Vielleicht auch einmal einen Bezugsschein für Kinderkleidung. Armselig haben sie gelebt,
davon, was ihnen die Leute gegeben haben. Ich meine, die Leute (die Burladinger, d.V.) haben
ihnen schon etwas gegeben. Haß oder so, das kann ich mir nicht vorstellen«558.

Ein Burladinger Ehepaar erinnert sich an die damaligen Lebensbedingungen der Flüchtlinge
in Verbindung mit dem hilfsbereiten Bürgermeister, der einen »undankbaren Posten« gehabt
habe. »Flüchtlinge hat's hier nach dem Krieg auch gegeben, aber ich glaube, so viele nicht.
Die sind dann so langsam gekommen. (Herr H., d.V.) Da war dann der Johann schon Bürgermeister
, und da gab's Schwierigkeiten mit dem Unterbringen. Dann hat er immer wieder von
hier etwas geholt. Bettwäsche und Tische und Stühle und wieder Sachen aus dem Saal für die
Leute, damit sie eine kleine Unterkunft gehabt haben. Das ist schwierig gewesen. Viele sind

553 Ebd.

554 Interview mit Herrn D. am 9.4.1991.

555 Interview mit Herrn A. am 22.1.1991.

556 Interview mit Herrn E. am 21.3.1991.

557 Interview mit Frau K. am 16.10.1991.

558 Interview mit Frau B. am 18.2.1991.

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