Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 295
(PDF, 85 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0309
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burlaclingen (1945-1948)

oder so, aber man hat sich berochen. Am schnellsten hat man sich mit denen zurechtgefunden,
die zum Beispiel bei uns in die Kirche gekommen sind. Oder sie sind in die Vereine hineingegangen
. Das ging dann ruckzuck. Es war einfach die Tatsache, daß jetzt auf einmal so viel ganz
Fremde mit einem Schlag, also so ganz kurz hintereinander so viele kamen. Das war etwas,
was man noch nie erlebt hat, auch früher nicht. Noch gar nie hat's das gegeben. Und man hat
das auch verstanden, die sind ja nicht freiwillig gekommen, die sind ja alle verjagt worden und
vertrieben. Es ist klar, daß man nicht hurra schreien konnte, wenn das auf einen zugekommen
ist. Für die Gemeindevertretung war's schon schwierig und auch für die betroffenen Hausund
Wohnungseigentümer, weil man eben zusammenleben mußte mit fremden Leuten, weil
die Wohnungen gar nicht so waren, und man hat ja auch nichts gehabt. Man hat ja nicht sagen
können, wenn du die Familie nimmst, dann kriegst du eine Badewanne, kriegst du einen Ofen,
oder wir bauen dir irgendwo schnell ein WC ein, wie man's jetzt ja machen kann mit den Asylanten
. Jetzt kann man sagen, wenn du mir deine Wohnung gibst, dann mache ich zwei daraus,
und ich baue alles fix und fertig, du brauchst dich nicht darum zu kümmern. Aber da, da war ja
nichts«564. »In den Lindensaal haben doch die Flüchtlinge zur Überbrückung auch einmal alle
hinkommen können zum Essen. Und dann mußten wir, meine Freundin und ich, auch in die
Häuser gehen und fragen, was man eben entbehren konnte, Teller oder Besteck oder eine
Tasse. Wir mußten eben zum Sammeln gehen. Und dann sind wir auch in ein Haus gekommen
, und da ist gerade einer heimgekommen, ein Soldat. Und wir kommen da hinein: Wir
möchten für die Flüchtlinge sammeln! Geben Sie auch einen Teller oder ein Besteck? Jetzt hat
der angefangen: Ja, was glaubt ihr, aus was ich esse? Jetzt bin ich daheim und jetzt soll ich meinen
Teller noch hergeben. Soll ich vielleicht aus dem Katzenteller essen? Wir sind dann natürlich
wieder gegangen und haben gedacht, hoffentlich geht's uns nicht noch in vielen Häusern
so. Man hat aber eben selbst nicht so viel gehabt«565.

Im Anschluß an die Unterbringung in Gemeinschaftslagern sowie die Einquartierung bei
Burladinger Familien erhielten die Heimatvertriebenen die Möglichkeit, zu vergünstigten
Konditionen Eigenheime zu erstellen. »Später hat man dann den Zwanzigerbau gebaut, und
dann haben die Flüchtlinge zum Teil selbst gebaut. Sie haben dann da an den Mettenberg gebaut,
da hat es ja viele Flüchtlinge«566. »Viele der Flüchtlinge wohnen ja da am Mettenberg. Am Anfang
haben sie überall gewohnt. In die ältesten Häuser, die herumgestanden sind, hat man die
Leute hineingetan, aber eben bloß einmal provisorisch. Und dann haben sie alle selbst da hinaufgebaut
, da hat man ja anno 51 die Siedlung am Mettenberg gebaut. Die haben dann so- und
soviel Zuschuß gekriegt, verbilligte Darlehen konnten sie dann abbezahlen. Das sind alles
Flüchtlinge gewesen. Die haben eben alle so ein Häuschen gekauft und haben dann zum Teil
auch viel selbstgemacht. Für jede Arbeitsstunde, die sie gearbeitet haben, mußten sie so- und soviel
an Wert weniger zahlen«567. »Und mit den Flüchtlingen hier, da ist die Gemeinde denen
stark entgegengekommen. Man hat immer Jerusalem gesagt, das war dort am Mettenberg. Das
war im Gemeindeeigentum. Da waren drei, vier Burladinger gleich am Anfang, die mußten für
ein Haus drei- oder viertausend Mark anzahlen. Und die Flüchtlinge - deshalb sagt man ja
Jerusalem - mußten nichts anzahlen. Die konnten gleich so einziehen und mußten es dann
zurückzahlen zu einem ganz niedrigen Zinssatz. Also den Flüchtlingen ist man ordentlich entgegengekommen
, man hat hier schon geholfen. Da darf man bloß einmal gucken. Jetzt gucken
Sie einmal die Häuser an, in denen die Flüchtlinge drin sind. Die größten Häuser haben die
Flüchtlinge, nicht wir! Das ist recht so, und das ist ja ein Zeichen, daß man ihnen geholfen hat.
Die haben ja auch nicht mehr verdient im Geschäft als ich, die konnten auch bloß arbeiten wie
wir. Aber sie haben schon Zuschuß gekriegt. Man kann nicht sagen, man hätte ihnen nicht ge-

564 Ebd.

565 Interview mit Frau E. am 15.5.1991.

566 Interview mit Frau B. am 18.2.1991.

567 Interview mit Herrn D. am 9.4.1991.

295


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0309