Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 305
(PDF, 85 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0319
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burladingen (1945-1948)

Als eine der umstrittensten Maßnahmen der Nachkriegszeit gestaltete sich die im ganzen
Bundesgebiet durchgeführte politische Säuberung, die entsprechend den lebensgeschichtlichen
Erinnerungen ziemlich großzügig gehandhabt wurde. Konträr zur amerikanischen und britischen
Entnazifizierungspraxis verzichteten die Franzosen von Anfang an auf eine automatische
Internierung und ein allgemeines Berufsverbot für Betroffene, Verhaftungen trugen sogar den
Charakter der Willkür. Die von einem Großteil der Bevölkerung nach Beendigung der politischen
Säuberung vertretene Ansicht, daß nur »die Kleinen« durch die Spruchkammern geschleust
worden seien und man »die Großen« habe laufen lassen, wird anhand der Resultate
konkretisiert. Aus den Millionen von Entnazifizierungsverfahren gingen letztlich mehr als
90 Prozent als Mitläufer und Entlastete hervor, die Entnazifizierung wurde als beendet erklärt,
als die sogenannten »schweren Fälle« hätten überprüft werden müssen. Geistliche beider Konfessionen
erfreuten sich im Verlauf der politischen Säuberung eines ungewohnt starken Zulaufs,
sollten sie doch ebenso wie die Bürgermeister den vor die Spruchkammer Geladenen Leumundszeugnisse
ausstellen, die deren politische Harmlosigkeit bezeugten. Letztendlich wurde
die Entnazifizierung in der gesamten französischen Zone auch laut der Oral History-Zeugnisse
dergestalt gehandhabt, daß man sich nur von den ganz schwarzen Schafen trennen mußte.
Führende NSDAP-Mitglieder wurden nach dem Einmarsch vorübergehend interniert, später
vereinzelt um einige Gehaltsklassen zurückgestuft und das Recht der Wählbarkeit für politische
Ämter entzogen - insgesamt keine gravierenden Auswirkungen für die Betroffenen beinhaltend.

Neben der Sicherstellung der Ernährung als eine der schwierigsten Aufgaben der Verwaltung
in der ersten Zeit der französischen Besatzung wurde diese bald auch mit der Aufnahme
und Unterbringung der aus den deutschen Ostgebieten einströmenden Flüchtlinge wesentlich
gefordert. Die als Einzelpersonen oder familienweise ab Mitte 1945 nach Württemberg-
Hohenzollern einströmenden Neuankömmlinge waren vor dem Einmarsch der Russen aus
Pommern, Schlesien, West- und Ostpreußen geflohen, suchten - häufig nur mit einem Rucksack
oder Koffer ausgestattet - Unterschlupf und Arbeit. Die einheimische Bevölkerung, die
insbesondere auf dem Land in beschränkten Wohnverhältnissen lebte, zeigte sich nicht immer
aufnahmefreundlich, mußte dennoch die Einquartierung akzeptieren. Schließlich arrangierten
sich Alt- und Neubürger innerhalb der Städte und Gemeinden, die Heimatvertriebenen gründeten
eine neue Existenz, erstellten zu anfänglich vergünstigten Konditionen Eigenheime und
sind seit langem in das gesellschaftliche Leben der Kommunen integriert.

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