Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 337
(PDF, 85 MB)
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Besprechungen

Heinz Thomas: Ludwig der Bayer (1282-1347), Kaiser und Ketzer. Regensburg: Friedrich
Pustet, Graz-Wien-Köln: Styria 1993. 413 S.

In der Geschichte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gab es zwei Mitglieder
des Hauses Wittelsbach, die die Kaiserwürde erlangten. In der Mitte des 18. Jahrhunderts
erstritt sich Kurfürst Karl Albrecht von Bayern den Titel gegen Maria Theresia, war aber als aus
dem eigenen Land Vertriebener ein Herrscher ohne Macht und Fortune. Sein Kaisertum währte
nur knapp drei Jahre, die Gegnerschaft des Hauses Habsburg war auf die Dauer stärker.

Ebenfalls mit dem Rivalen Habsburg hatte es auch der andere Wittelsbacher Kaiser zu tun,
dessen Biographie Heinz Thomas vorgelegt hat, Lehrstuhlinhaber für Mittlere und Neuere
Geschichte an der Universität Bonn und mit wichtigen Veröffentlichungen hervorgetreten,
von denen hier nur seine »Deutsche Geschichte des Spätmittelalters 1250-1500« aus dem Jahre
1983 genannt sei. Für Thomas geht es, wie er im Vorwort unzweideutig zu formulieren
weiß, um eine Ehrenrettung Kaiser Ludwigs IV, dessen historische Bedeutung durch den
Hang der Geschichtsschreibung zu seinem Nachfolger Karl IV. bisher kaum im zutreffenden
Ausmaß erkannt worden sei. In der Tat leisteteten die Bücher von Gertrud Benker (1980) und
von Barbara Hundt (1989) - brave, nacherzählende Fleißarbeiten ohne eigenen Forschungsehrgeiz
- zu wenig, um das Kapitel der Herrschaft Ludwigs als abgehandelt betrachten zu
können.

Wenn auch sehr zu bedauern ist, daß das Werk auf Einzelnachweise zu Quellen und Literatur
verzichtet (die Verlage leisten der geschichtlichen Forschung durch dieses Verdikt keinen
guten Dienst und sollten lieber bisweilen den aufgeblähten Text kürzen), ist dem Verfasser, der
sich ganz der Ereignisgeschichte verpflichtet sieht, eine faktenreiche und anregende Arbeit gelungen
. Ludwig, der als Sohn Herzog Ludwigs II. (des Strengen) von Oberbayern und einer
Tochter des deutschen Königs Rudolf I. von Habsburg »aller Wahrscheinlichkeit nach im
Februar oder März 1282 in München« zur Welt kam (S. 13) - von einem möglichen anderen
Geburtsjahr zwischen 1283 und 1287 und dem möglichen Geburtsort Heidelberg hören wir
nichts - war in seiner Lebensbahn vom Geflecht der dynastischen Bindungen seiner Familie
geprägt. Es war der militärische Austrag eines Vormundschaftsstreits - die Schlacht bei Gammelsdorf
1313 -, die den machtbewußten 30jährigen Bayern schlagartig ins Licht der großen
Politik stellte. Der Mann, der die Habsburger besiegt hatte, würde auch das Zeug zum Nachfolger
des Kaisers Heinrich VII. besitzen. Nicht unberechtigt spricht Thomas daher von einer
Art Heerkaisertum Ludwigs, der 1314 von fünf Kurfürsten ( die Berechtigung Sachsen-Lau -
terburgs, die Kurstimme zu führen, war freilich mit einigem Recht umstritten) zum König gewählt
wurde - einen Tag, nachdem die anderen Kurfürsten den Habsburger Friedrich den
Schönen gekürt hatten. Der Verhandlungsweg zur Lösung solcher Konflikte wurde damals
eher selten beschritten, und so fiel die Entscheidung zugunsten Ludwigs endgültig 1322 in der
Schlacht bei Mühldorf. Friedrich wurde gefangengesetzt. Ludwig einigte sich mit ihm und
gestand ihm die Mitregentschaft zu, da er auf diesem Wege eine Beruhigung der seit Jahren
wirren politischen Verhältnisse im Reich zu erreichen hoffte. Als Realpolitiker wußte er, daß
der schwache Friedrich neben ihm bedeutungslos sein würde.

König Ludwig hing ganz selbstverständlich der tradierten Kaiseridee an und griff über einen
Reichsvikar auch in die oberitalienischen Angelegenheiten ein. Der Papst hatte seinerzeit
die Zustimmung zur Königswahl Ludwigs verweigert, und nun entbrannte ein letzter großer
Kampf zwischen weltlicher und geistlicher Macht. 1328 ließ sich der seit vier Jahren vom
Papst gebannte König in Rom von einem Laien zum Kaiser krönen. Damit wies er überdeutlich
den Anspruch der Kirche zurück und stilisierte sich selbst als »Volkskaiser« im Sinne seines
Beraters Marsilius von Padua. Trotz erheblicher territorialer Gewinne durch Heirats- und
Erbfälle verlor Ludwig nach und nach an Rückhalt im Reich und verscherzte sich durch die
»Eheaffäre« mir der Tiroler Erbin Margarete Maultasch die Sympathie der Luxemburger. Diese
setzten fortan auf den Enkel Kaiser Heinrichs VII., Karl, der im Mai 1346 zum Gegenkönig

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