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Rolf Vogt
Dieser demokratische Zweigverein Trillfingens bereitete gemeinsam mit dem Vaterländischen
Verein in Sigmaringen im September eine große Volksversammlung im Unterlande vor,
die am 24. September 1848 in der Gemeinde stattfinden sollte. In einer Anzeige im Sprachrohr
der Sigmaringer Demokraten, der zweimal wöchentlich erscheinenden Zeitung »Der
Sigmaringer Erzähler«, wurden die freigesinnten Bürger eingeladen, über alle wichtigen Zeit-
und Tagesfragen zu sprechen. Angekündigt wurden viele Redner aus dem Ober- und dem
Unterlande10. Sehr wahrscheinlich war die Gemeinde Trillfingen an der Vorbereitung der
Versammlung beteiligt, wenigstens die Tribüne, auf die die Redner steigen sollten, muß von
jemandem gebaut worden sein. Die zweite Sigmaringer Zeitung, »Der Volksfreund aus Ho-
henzollern«, jedenfalls wußte später, daß von der Gemeinde Trillfingen ... eine Einladung gemacht
worden sein soll21.
2. DIE PERSONEN
Einen Tag nach seiner Wahl zum Abgeordneten der Nationalversammlung also stand Carl
Otto Würth, einer der Männer mit martialischer Gestalt und beeindruckender Kostümierung
, in Trillfingen. Die Wahl hatte er gewonnen, er konnte sich das ausrechnen, auch wenn
er das Ergebnis noch nicht kannte. Den Wahltag hatte er im Fürstlichen Hofgericht in Sigmaringen
begonnen. Er hatte die Vertretung in vier Streitfällen, die die Hofgerichts-Direktion
für die öffentliche Gerichtssitzung am 23. September angesetzt hatte22. Vermutlich tagte das
Hofgericht vormittags, denn irgendwann muß Würth aufgebrochen sein, um über Ebingen
und Balingen Richtung Trillfingen zu fahren, wo er am nächsten Tag Hauptredner der Volksversammlung
sein wollte.
Die Redner aus dem Oberland, mit deren Auftritten der demokratische Erzähler geworben
hatte, reisten vermutlich gemeinsam. Möglicherweise hatten sie einen eigenen Wagen mit
Kutscher und waren nicht auf den Eilwagen angewiesen, der seit einigen Jahren Erleichterung
im Personenverkehr brachte23. In der Kutsche, die in Sigmaringen aufbrach, saßen neben
Würth der - allerdings vom Dienst suspendierte - Oberleutnant Gustav von Hoffstetter,
der Kaufmann Quirin Müller und der Gastwirt des Zollernschen Hofes in Sigmaringen, Carl
Graf. Wahrscheinlich war auch Meinrad Kleiner dabei, der Gastwirt des Löwen in Veringen-
stadt. Ebenso dürfte Anton Gauggel zu der Begleitung Würths gehört haben, Mitglied des
Höfendorf gestorben sein, vgl. Karl Th. Zingeler: Statistisches Hof-, Hand- u. Adreßbuch für die Ho-
henzollernschen Lande. Sigmaringen 1876. S. 245. Hohenzollerische Heimatbücherei, Sammelmappe
Bietenhausen K 315 VII.
20 Der Sigmaringer Erzähler Nr. 75/19.09.1848. Daß die Versammlung nicht vom Unterlande, sondern
vom vaterländischen Verein in Sigmaringen ausging, behauptete später allerdings Der Volksfreund aus
Hohenzollern Nr. 67/13.10.1848, der auch mitteilte, der Vaterländische Verein habe im Unterlande nur
wenige Mitglieder gehabt. Fast drei Wochen nach der Trillfinger Versammlung sollte dieser Artikel allerdings
betont bagatellisierend wirken, um die in der Zwischenzeit befürchtete militärische Besetzung abwenden
zu helfen, s. u.
21 Der Volksfreund aus Hohenzollern Nr. 67/13.10.1848. Das Blatt fügt allerdings hinzu, daß es in Trillfingen
wegen der Einladung eine große Meinungsverschiedenheit gegeben habe.
22 Verordnungs- und Anzeige-Blatt Sigmaringen Nr. 38/17.09.1848 S. 368.
23 Beispielsweise verkehrte mehrmals in der Woche ein Eilwagen zwischen den Residenzstädten
Hechingen und Sigmaringen und weiter nach Saulgau. Hechingen war mit Beginn des Jahres 1845 an das
Postnetz angeschlossen worden, das das Haus Thum und Taxis aufbaute. Vom 01.01.1845 an fuhr auf der
Schweizerstraße von Stuttgart nach Schaffhausen ein Eilwagen, der zweimal täglich in Hechingen Station
machte. Sigmaringen hatte über die Eilwagen-Linie von Stuttgart nach Stockach Anschluß an das
überregionale Verkehrssystem, vgl. Chronik der Stadt Hechingen. Hechingen 1980. S. 236. Verordnungs
- und Anzeige-Blatt Sigmaringen Nr. 8/20.02.1848 S. 66.
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