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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0065
Fünf Tage, die das Fürstentum erschütterten

Erwähnung. Er weist allerdings auf das »Sensationelle an der Sigmaringer Septembererhebung
« hin, die - obwohl »merkwürdig« - einzigartig war, weil sie im Gegensatz zu allen
anderen demokratischen Experimenten in Deutschland im Herbst 1848 ohne äußere Einmischung
vermutlich erfolgreich geblieben wäre103. Fast unvermittelt rückt so ein Schaustück
, das der Vaterländische Verein in Trillfingen zur Verdeutlichung seiner Ziele öffentlich
ausstellte, 150 Jahre später zum übergreifenden Symbol der gesamten Revolution von
1848/49 in beiden hohenzollerischen Fürstentümern auf. Der in dem Bericht der Hechinger
Regierung an ihren Frankfurter Gesandten genannte, von einem Schwert durchbohrte
Kürbis in den Landesfarben schwarz und weiß findet sich als Rekonstruktionszeichnung
auf den Einladungen des Hohenzollerischen Geschichtsvereins zu seiner zentralen Vortrags
- und Diskussionsveranstaltung im Oktober 1998104 wieder - ein Symbol mit jeweils
unterschiedlicher Bedeutung, versuchte doch der Kürbis bei seiner ersten Verwendung
1848 politisch unbedarften Zuhörern schlaglichtartig Ziele und Tendenzen der Versammlung
und bei seiner zweiten Verwendung 1998 den angesichts der Traditionsgeschichte mit
den Vorgängen in Trillfingen wohl in der Mehrzahl wenig vertrauten Tagungsteilnehmern
ihre Tragweite zu erklären.

Tatsächlich hätte die Trillfinger Volksversammlung wie die Bestrebungen der Demokraten
im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen insgesamt glühende Verfechter verdient. Der
»Revolution der deutschen Demokraten in Baden« - so der Titel der baden-württembergischen
Landesausstellung in Karlsruhe im Jubiläumsjahr 1998- wird inzwischen allgemein anerkannter
Erinnerungswert zugestanden, den badischen Revolutionären Friedrich Hecker
und Gustav Struve, aber auch dem Württemberger Gottlieb Rau Vorbildfunktion zuerkannt,
weil sie »damals den Menschen Hoffnung auf eine bessere, eine demokratische Zukunft« gaben105
. Richtig ist zwar, daß die Revolutionäre im Herbst 1848 eher wenigen Menschen
Hoffnungen, vielen jedoch Angst vor der vermeintlich bevorstehenden Anarchie vermittelten
. Richtig ist aber ohne Frage auch, daß die Demokraten 1848 und 1849 letztlich nur das
forderten, was heute als selbstverständliche Errungenschaft der demokratischen Grundordnung
Deutschlands gilt.

Die badischen Demokraten schafften es im Frühjahr 1849, mit viel internationaler - auch
hohenzollerischer - Unterstützung in ihrem Großherzogtum ihre Ideen ansatzweise und für
eine kurze Zeit umzusetzen. Ihr Experiment blieb im Bereich des Deutschen Bundes einzigartig
, aber die Krone, als erste die Chance gehabt zu haben, in einem fürstenfreien Land ihre
Ziele zu verwirklichen, gebührt den Demokraten in Sigmaringen. Zwar waren sie auf die sich
ihnen bietende Gelegenheit nicht vorbereitet und konnten sie nicht beim Schöpfe packen -
ein Schicksal, das oft denen begegnet, die als erste etwas tun. Angesichts der Konstellation in
den Nachbarstaaten, in denen Struve und Rau kläglich scheiterten, ohne auch nur ansatzweise
so weit zu kommen wie Carl Otto Würth in Sigmaringen, hatten sie sicherlich auch so gut
wie keine Aussichten auf anhaltenden Erfolg. Aber die hatten - in der Rückschau betrachtet
- auch die badischen Demokraten ein halbes Jahr später nicht.

Die Trillfinger Volksversammlung vom 24. September 1848 steht am Beginn einer Woche,
die das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen nachhaltig erschütterte - sowohl im Oberais
auch im Unterland. Ohne die Ermutigung, die die demokratische Reisegesellschaft aus
Sigmaringen in Trillfingen erfuhr, sind die Ereignisse des nächsten Tages in Sigmaringen
kaum verständlich. In Trillfingen wurden die Demokraten von dem von ihnen anerkannten

103 Christof Rieber, Republikanische Erhebung (wie Anm. 27) S. 1 f. Ders., Revolution (wie Anm.
43) S. 53.

104 Die Revolution von 1848/49 in den Fürstentümern Hohenzollern. Vortrags- und Diskussionsveranstaltung
im Gasthaus »Zollerhof« in Sigmaringen 10. Oktober 1998.

105 So Ministerpräsident Erwin Teufel im Grußwort zur Landesausstellung. In: 1848/49, Revolution
der deutschen Demokraten in Baden. Baden-Baden 1998. S. 9.

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