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Andreas Zekorn
der dazu einberufenen 58er-Versammlung war Baur neben Geheimrat von Frank Vertreter
der Landesregierung76.
Auch als es den bereits erwähnten »Franzosenlärm« gab, als der Angriff der Franzosen,
die gerade die Republik ausgerufen hatten, befürchtet wurde, trat Baur in der Öffentlichkeit
in Erscheinung. Er ließ um den 24. März die waffenfähigen Bürger zum Rathaus kommen
und forderte sie zur Gegenwehr auP7.
Bei der Wahl des Hechinger Abgeordneten zur Frankfurter Nationalversammlung durch
Wahlmänner78 wurde am 11. Mai der bereits erwähnte liberale Pfarrer Josef Blumenstetter
gewählt, ein Mann der gemäßigten Linken, der vor allem immer auf die Gesetzmäßigkeit seiner
Handlungen bedacht war. Zu seinem Ersatzmann wählte man Georg Baur79. Dies hatte
seinen Grund möglicherweise darin, daß der Sachverstand von Beamten für die Vertretung in
der Paulskirche eingefordert wurde. In einer Zuschrift an das Hechinger Verordnungs- und
Anzeigeblatt hatte der Schreiber gefordert, daß demjenigen, der den Posten eines Abgeordneten
ausfüllen wolle, nothwendig ein gründliches Studium des Völker- und Staatsrechts eigen
seyn müsse. Den Geistlichen würde dieses Studium abgehen80.
Zum 1. August 1848 wurde Baur zum Oberamtsverweser ernannt81. In seiner ersten öffentlichen
Bekanntmachung an die Gemeindevorsteher gab Baur eine Art Grundsatzerklärung
ab. Das Oberamt werde gemäß Paragraph 31 der Verfassung mit aller Kraft dahin wirken
, um die ... Wohlfahrt des Landes zu schützen und zu fördern. Man werde alle gesetzlichen
Mittel anwenden, um den eingeschlichenen Unfug zurückzuweisen, da sich ein freies
Bürgertum nie und nimmer mit Ungesetzlichkeit verträgt. Insbesondere sollten die Bürgerwehren
zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung vervollkommnet werden*2. Baur stellt
sich hier, wie auch später immer wieder zu beobachten sein wird, als Anhänger der neu errungenen
Verfassung und Verteidiger der bürgerlichen Freiheiten dar. Ungesetzliches Handeln
jedoch, wobei er Bezug auf die zum Teil anarchischen Zustände in den Dorfgemeinden
nahm, wo etwa Steuern verweigert wurden, wollte er nicht dulden. So leitete er umgehend
eine Untersuchung ein, als muthwillige junge Leute die Gendarmen und sonstigen Polizeidiener
in Ausübung ihrer Pflicht durch rohe Angriffe und Verfolgungen zu hindern suchten, um
ihre nächtlichen Excesse zum Aerger der Gutgesinnten fortsetzen zu können*3. Die gleiche
76 Anton Bosch: Volksvertretungen und Wahlen im ehemaligen Fürstentum Hohenzollern-Hechin-
gen. In: Zollerheimat 5 (1936), S. 50.
77 Gönner, Revolution (wie Anm. 1), S. 54.
78 Zum Wahlvorgang: VuABI. Hech. Nr.36 (3.5.1848) -Nr.38 (10.5.1848).
79 Gönner, Revolution (wie Anm. 1), S. 72; Anton Bosch: Die Wahl der Abgeordneten zur Frankfurter
Nationalversammlung. In: Zollerheimat 5 (1936), S. 50-52; Ernst Senn: Die drei Hohenzollern im
Frankfurter Reichstag 1849. In: Zollerheimat 5 (1936), S. 58 f.
80 VuABI. Hechingen Nr. 38 (10.5.1848), S. 179. Dieser Schreiber schlug Herrn von Wangenheim als
Abgeordneten vor. - Allgemein zu den Beamten in der Paulskirche: Hattenhauer, Beamtentum (wie
Anm. 5), S. 229 f.
81 Die Ernennung Baurs geschah im Zuge einer Verwaltungsreform im Fürstentum Hohenzollern-
Hechingen. Bei dieser Verwaltungsreform zum 1. August 1848 kam es zur Aufhebung des Stadtamts in
Hechingen. Dieses war die für die Stadt Hechingen zuständige Behörde gewesen, analog dem für das
Landgebiet zuständigen Oberamt. Bei der Verwaltungsreform wurde die Funktion des Stadtamts auf das
Oberamt übertragen, mit Ausnahme des Geschäftsbereichs, der dem für die Stadt Hechingen neu eingeführten
Stadtschultheißenamt zugewiesen werden sollte. Das Oberamt hatte nun die Aufgabe, Verwaltung
und Polizei für das gesamte Land auszuüben. Bei der Verwaltungsreform wurde gleichzeitig die Verwaltung
von der Justiz getrennt, d.h., daß das Oberamt nicht mehr weiter Justizbehörde war. (VuABI.
Hech 57; 15.7.1848; zum Aufgabenbereich des Stadtschultheißenamts: VuABI Hech 63; 5.8.1848).
82 VuABI. Hech. Nr. 63 (5.8.1848).
83 VuABI. Hech. Nr. 75(16.9.1848).
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