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Revolutionäre Beamte?

Staatsdienergesetzes von 1831152 zu verfahren, wohlgemerkt eines hohenzollern-sigmaringi-
schen Gesetzes. Es solle aber bis zur Neuordnung der Verwaltung in Hohenzollern mit einem
Fortgang des Verfahrens abgewartet werden153. Die preußischen Ministerien hatten sich
offenkundig erfolgreich bemüht, ein hohenzollerisches Gesetz ausfindig zu machen, das im
Falle Clavel angewendet werden konnte154. Diesem Gesetz zufolge konnte der Dienst eines
Staatsdieners in Folge organischer Verfügungen oder aus administrativen Rücksichten zu jeder
Zeit aufhören entweder dadurch, daß der Staatsdiener in den Ruhestand versetzt oder
vorübergehend vom Dienst suspendiert wurde. Traf den Beamten keine Schuld, so war ihm
das volle Gehalt zu belassen155.

Die Anwendung dieses Paragraphen des provisorischen Staatsdienergesetzes wurde von
den Ministern als der einzige Weg sich des Clavels zu entledigen angesehen, allerdings sollte
damit bis zu einer Neuorganisation der Behörden in Hohenzollern gewartet werden. So
mußte Clavel weiter im Ungewissen schmoren. Anfang des Jahres 1851 war er mit Genehmigung
der Regierung nach Trochtelfingen gezogen.

Clavel bereute seine vergangenen Handlungen mittlerweile zutiefst und wäre nun auch,
als letzter Möglichkeit, mit einer Abfindung zufrieden gewesen, um eine seinen geistigen und
körperlichen Kräften entsprechende Berufsart zu wählen und um zunächst an eine Hochschule
zu gehen. Damit sollte seine peinliche Berufslostgkeit und Ungewißheit über die künftige
Existenz beendet werden156.

Erst im Februar 1852 nahm die Angelegenheit einen Fortgang, als sich der neue Sigmaringer
Regierungspräsident Graf von Villers nach der Neuordnung der Verwaltung in Hohenzollern157
wieder an die Minister des Innern, von Westphalen, und der Justiz, Simons, wendete
. Erneut wurde zunächst die Rechtsproblematik erörtert, um schließlich eine Versetzung
Clavels, der seine frühere democratische Tendenz verabscheue und ein treuer Anhänger des
monarchischen Prinzips geworden und damit ein gebesserter Sünder sei, in eine der älteren
preußischen Provinzen vorzuschlagen158. Doch die Minister Simons und von Westphalen
blieben hart und verlangten, Clavel zu einer Versetzung in den Ruhestand zu bewegen, da der
Erfolg eines Disziplinarverfahrens ungewiß sei. Eine Möglichkeit zur Versetzung an eine andere
Stelle sahen sie nicht159. Diese Haltung ist typisch für die preußischen Innenminister.
Bereits Innenminister von Manteuffel bemühte sich in der Reaktionszeit, alle liberal gesinnten
Elemente aus der Beamtenschaft zu versetzen. Jeder Beamte, der anderer Ansicht war als
die Regierung, sollte aus dem Amt entfernt werden. Noch strikter ging sein Nachfolger von
Westphalen, ab 1. Januar 1851 Innenminister, gegen jedwede Opposition in der Beamtenschaft
vor, unter anderem mittels Amtsenthebungsverfahren160.

Nach Verhandlungen Graf Villers mit Clavel war dieser nun dazu bereit, sich pensionieren
zu lassen, allerdings nur unter Belassung seiner Bezüge, die er während der Zeit seiner

152 Provisorisches Staatsdiener-Edict für das Fürstenthum Hohenzollern-Sigmaringen vom 20. August
1831, Sigmaringen 1831.

153 StAS, Ho 235 I, I, R, 598: Schreiben der Minister vom 23.9.1850. - Allgemein zu den Verhältnissen
in Preußen nach der Revolution auch: Hattenhauer, Beamtentum (wie Anm. 5), S. 223 ff.

154 Auf eine Verfügung des Justizministers vom 12.6.1850 war diesem von Sigmaringen aus eine Abschrift
des provisorischen Staatsdieneredikts übersendet worden (StAS, Ho 235 1,1, R 598: Schreiben des
königlichen Immediatkommissars vom 13.9.1850). Die Verfügung des Justizministeriums selbst liegt den
Akten nicht bei.

155 Provisorisches Staatsdiener-Edict für das Fürstenthum Hohenzollern-Sigmaringen vom 20. August
1831, Sigmaringen 1831, Paragraph 12.

156 StAS, Ho 235 I, I, R, 598: Schreiben Clavels vom 28.8.1851.

157 Dazu: Kuhn-Rehfus, Der Übergang Hohenzollerns (wie Anm. 145), S. 13 f.

158 StAS, Ho 235 I, I, R, 598: Bericht des Regierungspräsidenten vom 18.2.1852.

159 StAS, Ho 235 I, I, R, 598: Schreiben der Minister vom 1. Juli 1852.

160 Steinbach, Die Politische Freiheit der Beamten (wie Anm. 5), S. 34 ff.

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