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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0100
Andreas Zekorn

Und es gab schließlich den politisch radikaleren Beamten, der sich 1848/49 in der demokratischen
Bewegung exponiert hatte und mit der beginnenden Reaktion seines Postens enthoben
oder zumindest einem starken Rechtfertigungsdruck ausgesetzt wurde172. Zu diesem
Beamtentypus gehörte Oberamtmann Clavel.

Sehr viele Beamte verhielten sich in der Revolutionszeit jedoch neutral und waren angesichts
der Lage verunsichert, so daß sie sich politisch zurückhielten173. Zu diesem Beamtentypus
dürfte wohl Konrad Harz, Oberamtmann in Glatt und Nachfolger Clavels, gehört haben.

Wichtig zu erwähnen bleibt folgende Erkenntnis, die auch durch die untersuchten Fälle in
gewisser Weise bestätigt werden kann: 1848 und auch in anderen Fällen hat die Staatsdienerschaft
den Zusammenbruch keine Minute aufgehalten, sondern sich vielmehr ohne Widerstand
der neuen Ordnung unterworfen. Voraussetzung für die Loyalität der Beamten war,
daß das neue System die Staatsgewalt auch tatsächlich ausüben konnte und den Beamten die
Erhaltung der materiellen Privilegien zusicherte. Diese Beamten fühlten sich mehr dem Gemeinwohl
verpflichtet als dem Monarchen oder einem untergegangenen Regierungssystem174
.

Bis 1848 war die Beamtenschaft trotz der konservativen Regierungen in sich pluralistisch,
erst danach wurden die Zügel angezogen175. Nach 1850 erfolgte eine starke Disziplinierung,
die das politische Verhalten der Beamten zunehmend einengte. In Württemberg wurde die
Beamtenschaft von demokratischen und selbst liberalen Elementen gesäubert, wann immer
es ging. Zugleich unterwarf man die kommunale Selbstverwaltung einer stärkeren Beaufsichtigung176
. In Preußen wurden liberale Beamte ebenfalls Pressionen ausgesetzt und die Beamtenschaft
insgesamt stark diszipliniert, unter anderem durch im Jahre 1852 neu erlassenen
Disziplinarbestimmungen177. In den Kontext dieser Disziplinierungsmaßnahmen reiht sich
der Fall Clavel ein. Allerdings ist zu bemerken, daß zumindest in den untersuchten Fällen der
Oberamtmänner von Balingen und Haigerloch nicht willkürlich, sondern entsprechend den
vorhandenen Rechtsgrundlagen verfahren wurde. Jedoch dürften diese Rechtsgrundlagen in
anderen Fällen zum Teil sehr weit im Sinne der Staatsmacht interpretiert worden sein, wenn
nicht gar, wie in Preußen, neues Recht geschaffen wurde, um die Beamten zu disziplinieren.
Auf diese Weise entwickelte sich die Beamtenschaft in der zweiten Hälfte des ^.Jahrhunderts
innerhalb eines anderen politischen und sozialen Kontextes zu einer eher konservativen
Gruppe178.

172 Für die Rheinprovinz: Horst Romeyk: Die leitenden staatlichen und kommunalen Verwaltungsbeamten
der Rheinprovinz 1816-1945. Düsseldorf 1994, S. 216 f.

173 Jeserich, Öffentlicher Dienst (wie Anm. 5), S. 328.

174 Jeserich, Öffentlicher Dienst (wie Anm. 5), S. 318.

175 Nipperdey, Deutsche Geschichte (wie Anm. 5) S. 324.

176 Bernhard Mann: Württemberg 1800 bis 1866. In: Handbuch der baden-württembergischen Geschichte
, hg. v. Hansmartin Schwarzmaier, Bd. 3, Stuttgart 1992, S. 235-331, S. 315 ff.

177 Jeserich, Öffentlicher Dienst (wie Anm. 5), S. 329 ff.; allgemein auch: Hattenhauer, Beamtentum
(wie Anm. 5), S. 223 ff., S. 230 ff.

178 Wunder, Der vormärzliche Beamtenliberalismus in Süddeutschland (wie Anm. 12), S. 322; Jeserich
, Öffentlicher Dienst (wie Anm. 5), S. 329 ff.

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