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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0116
Fritz Kallenberg

hen sich die minutiös belegte, mit Quellen und Bildern bereicherte Abhandlung von Rolf
Vogt über die Trillfinger Volksversammlung vom 24. September (ZHG 35, S. 25-52) und die
zur pädagogischen Verwendung aufbereitete Studie von Christof Rieber über die Karlsplatzversammlung
in Sigmaringen vom 26. September (Archivnachrichten BW 16, Mai 1998,
S. 1-8). Genannt zu werden verdient auch die knappe Studie von Ines Mayer über den kläglichen
Verlauf der Volksbewaffnung im Hechingischen (HH48, 1998, S. 31-34).

Als eine besonders begrüßungswerte Frucht des Jubiläums sind zwei personenbezogene
Arbeiten zu nennen, mit denen Neuland betreten wird: Andreas Zekorns sorgfältige Untersuchung
der Rolle und des persönlichen Schicksals von drei leitenden Beamten in der Revolution
, die als Amtmänner von Balingen, Hechingen und Haigerloch wirkten, damals in drei
verschiedenen Ländern, verschafft uns Einblick in den Konflikt, den sie in der Loyalität gegenüber
Monarch und Regierung, der Wahrnehmung ihrer Ordnungsfunktionen und ihren
eigenen politischen Uberzeugungen angesichts des lokalen und nationalen Veränderungswillens
auszutragen hatten (ZHG 35, 1999, S. 53-86). Einen besonders engagierten Verfechter
radikaler politischer Veränderung hat Rolf Vogt dem Vergessen entrissen: Anton Gauggel aus
Inneringen, republikanischer Aktivist in Sigmaringen und Freischärler in der badischen Revolutionsarmee
, der seine hohenzollerischen Landsleute aufforderte, »die volle ganze That«
zu wagen, und der sie zu gewinnen versuchte mit der poetischen Verheißung: »Die Posaune
der Freiheit schallt über die deutsche Erde«. Mit diesem Zitat hat Vogt seinen biographischen
Essay überschrieben (HH48, 1998, S. 54-61).

Diese beiden verdienstvollen Studien machen uns allerdings auch deutlich, wie unvollkommen
unsere Personalkenntnis für die Revolutionsära immer noch ist. Als Beispiel sei auf
Fidelis Baur hingewiesen, den wir als den eigentlichen Begründer der hohenzollerischen Landesgeschichtsschreibung
kennen. Er war 1848 Verwaltungsbeamter in Sigmaringen, Mitglied
der Museumsgesellschaft, und er erhielt, ohne kandidiert zu haben, bei der Paulskirchenwahl
in Sigmaringen 3, in Bingen 5 Stimmen. Im August 1848 wanderte er, fraglos aus politischen
Motiven, mit seiner Familie nach Amerika aus. In der hohenzollerischen Revolutionsliteratur
kommt sein Name überhaupt nicht vor. Selbst Willy Baur, einer der neugierigsten Enthusiasten
der hohenzollerischen Landesgeschichte, wußte von seinem Großonkel nur, daß er
Ende der fünfziger Jahre als angesehener Journalist in den USA gestorben sein soll. Es sind
gerade diese interessanten, von gründlicher Recherche geprägten Arbeiten, wie wir sie Ze-
korn und Vogt verdanken, die uns die Defizite unserer Kenntnisse vor Augen führen.

Es war das Bestreben des Revolutionskolloquiums im Zoller-Hof, eine Art Bestandsaufnahme
unseres Wissens zu versuchen, aber auch einen Beitrag zur Urteilsbildung, Bewertung
und historischen Einordnung zu leisten. Nun tragen die beiden Hauptinitiatoren, Edwin
Ernst Weber und Andreas Zekorn, eine Zusammenfassung der Ergebnisse auf verschiedene
Weise vor. Zekorn, indem er in Aufsatzform, mit Belegapparat, das Fortwirken tradierter
Muster der Konfliktbewältigung im unterschiedlichen Revolutionsverlauf der beiden Fürstentümer
deutlich macht, ehe er die neuen revolutionären Ziele, das Protestverhalten und
die historischen Konsequenzen charakterisiert; Weber, indem er den Versuch macht, Verlauf
und Folgen der Revolution in konzentrierter Thesenform zu fixieren.

Für einen Koreferenten, der sich mit den Aussagen der beiden Autoren in grundsätzlicher
Übereinstimmung befindet, kann der Beitrag zum »Forschungsdiskurs« nur in Akzentuierungen
oder allenfalls in ergänzenden Reflexionen bestehen. So ließe sich zu Webers erster
These daran erinnern, daß es bis 1852 kein einheitliches Hohenzollern gab. Beide Fürstentümer
waren voneinander völlig unabhängig und selbständig. Erst die Schaffung der »Hohen-
zollernschen Lande« als preußischer Regierungsbezirk ließ ein Hohenzollern entstehen.
Dazu wäre es nicht gekommen bei einer Abtretung der Souveränität an die Reichsgewalt. Im
Vorvertrag, den Karl Anton im Dezember 1848 in Frankfurt schloß, mit dem er seinem Haus
den Domänenbesitz sichern wollte, war die Angliederung seines Fürstentums an einen der
Nachbarstaaten oder die »Verteilung desselben unter die letzteren« vereinbart worden.

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