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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0129
Der Kreuzweg von St. Luzen in Hechingen. Ein Bilderzyklus des 18. Jahrhunderts

Dabei muß betont werden, daß die einzelne Tonfigur qualitativ nicht schlecht ist. Das
trifft in besonderem Maß auf die Proportionen zu. Die Gewandbildungen sind einfallsreich,
besonders die der Soldaten (Abb. 6). Hingegen ist die Umsetzung des textilen Stoffes der
weiten Gewänder der anderen Figuren oft stereotyp gehandhabt. Das Gewand Jesu mit seinen
stets gleich ausgebildeten sehr kleinteiligen, eng parallel zueinanderliegenden Tälern und
Graten des von oben nach unten verlaufenden Faltenwurfs und die etwas knittrigen Röllchenfalten
der Armelpartien trägt zur Steifheit der Jesusfiguren bei (Abb. 7). Allein die weiblichen
Gewandungen mit ihren üppigeren Drappierungen lassen trotz ihres ebenso irgendwie
kleinlich gehaltenen Faltenwurfs etwas von barockem Schwung erahnen, der den anderen
Tonfiguren nicht im selben Maß zu eigen ist (Abb. 8).

Hinweise auf die Person des Künstlers fehlen. Man darf mit Laur annehmen, daß es sich
um einen »einheimischen Bildhauer« gehandelt hat, der »eine tüchtige Hand« hatte32. Gemmer
nennt die Tonfiguren dagegen »derb«33. Diese Plastiken sollen der Einfachheit halber im
Weiteren mit >St. Luzener-Tonfiguren< bezeichnet werden.

Eine andere, wenn auch nur aus zwei Figuren bestehende Gruppe ist die, welche aus dem
»Christus an der Martersäule« aus der 1. Station und dem linken Soldaten der 6. Station gebildet
wird. Sie sind beide aus Holz geschnitzt. Ihr Maßstab stimmt nicht mit dem der St. Luze-
ner-Tonfiguren überein; sie sind größer. Außerdem weichen jene von diesen durch einen anderen
Stil und eine höhere künstlerische Qualität ab (Abb. 9, 10). Der Christus gehört demselben
Typ an wie die Jesusfiguren der St. Luzener-Tonfiguren. Doch hat es der Holzschnitzer
verstanden, den Ausdruck der Figur durch Mimik, Bewegung und die produktive Auseinandersetzung
zwischen Körper und Gewand zu charakterisieren und dabei einen Grad an
Homogenität zu erreichen, von dem der Tonplastiker entfernt war. Für die Soldatenfigur gilt
dies ebenso. Dabei soll nicht verschwiegen werden, daß diese im Vergleich mit einigen guten
Tonsoldaten nicht denselben Grad an Originalität aufweist.

Die künstlerische Auffassung und das handwerkliche Können, denen die beiden Holzskulpturen
zu verdanken sind, können darauf hindeuten, daß sie eine gemeinsame Entstehungsgeschichte
haben. Einige, ähnlich ausgebildete Details, wie z.B. die Ohrenform, lassen
gar auf dieselbe Hand schließen. Ob sie für ein szenisches Miteinander konzipiert waren, ist
aber nicht zu entscheiden. Wie sie in den St. Luzener Kreuzweg gerieten und woher sie stammen
, kann ebenfalls nicht gesagt werden.

Eindeutige Antworten gibt es leider auch nicht auf die Fragen, die von zwei anderen Figuren
aufgeworfen werden. Die Rede ist von der Holzskulptur auf der linken Seite der 5. Station
und der Tonplastik rechts in der 3. Station. Im Gegensatz zu den eben besprochenen
Holzskulpturen fallen sie nicht wegen überdurchschnittlicher Qualität auf, sondern wegen
ihres Defizits auf diesem Gebiet (Abb. 11). Dabei weisen sie auch untereinander keine wie
auch immer gearteten Gemeinsamkeiten auf. Die Holzskulptur, der etwas von einem afrikanischen
»Götzenbild« anhaftet, scheint beweglich gewesen zu sein, wie der Ansatz des linken
Oberarms am Oberkörper und der Zapfen im Ellbogenbereich vermuten lassen. Der rechte,
wie der linke Unterarm, fehlen.

Die Tonfigur aus Station 3 weist durchaus Anklänge an die Art der St. Luzener-Tonfiguren
auf; zum einen ist sie aus demselben Material gemacht und zweitens hat sie auch, wie viele
der Soldatenfiguren, ein Gesicht, das zur Grimasse verzerrt ist. Daneben weicht auch die Art
der Gewandung nicht sonderlich von dem ab, was bei den Soldaten der St. Luzener-Tonfiguren
üblich ist. Doch ist sie um soviel roher und plumper als diese; es ist schlecht denkbar, daß
sie von demselben Plastiker stammen.

Die Szenen der Stationen 11 und 12 werden nicht mit rundplastischen Figuren belebt, sondern
man hat sich dort des Reliefs bedient. Oft wird dabei aber die Grenze zur Vollplastik er-

32 S. Anm. 18.

33 S. Anm. 22.

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