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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0159
»Alles erinnert sich mit Vergnügen an Ihr Hierseyn«

Der zweite erhaltene Brief Engels an Schmid mit der erneuten Aufforderung zur Imnauer
Kur ist gerade zwanzig Jahre später geschrieben als der erste. Er trägt das Wappen-Siegel des
Verfassers und den Poststempel »SIGMARINGEN 4 JUN 1842«. Aber der Geistliche Rat
wirkte inzwischen nicht mehr dort in der Residenzstadt. Er hatte sich in die ruhigere Pfarre
in Veringendorf zurückziehen können. Christoph von Schmid hatte elf Jahre lang in Oberstadion
als Priester im Segen gewirkt und als Schriftsteller Lorbeeren geerntet. Berufungen
an die Universitäten Landshut, Dillingen und Tübingen hatte er abgelehnt. 1827 war er als
Domkapitular nach Augsburg berufen worden, 1837 hatte ihn König Ludwig von Bayern
mit dem persönlichen Adel geehrt, und 1841 hatte seine ganze Heimatstadt Dinkelsbühl mit
ihm sein Goldenes Priesterjubiläum gefeiert. Er konnte daran gehen, die Ernte seiner Lebensarbeit
zu sammeln und zu ordnen. Im selben Jahr erschienen die ersten fünf Bände der
»Originalausgabe von letzter Hand« seiner Gesammelten Schriften. Aber es begann sich
auch die Reihe der Studiengefährten und Lebensfreunde zu lichten. Einer der vertrautesten
und treuesten, Ignaz Anton Demeter (1773-1842), zuletzt Erzbischof in Freiburg, war im
März 1842 gestorben. Neu Hinzugetretene konnten die alten Freunde nicht ersetzen. Doch
mußte ihm die Begegnung mit einem so aufrechten und auch für katholische Dinge aufgeschlossenen
Schweizer protestantischen Pfarrer, wie es Friedrich von Hurter war, der sich für
die Erhaltung des Klosters Muri eingesetzt und für seine Haltung 1841 sein Schaffhausener
Antistes-Amt niedergelegt hatte, wohl tun11. Diese Dinge bewegten Christoph von Schmid,
als Fidelis Engel seinen Brief schrieb, und man versteht, daß der Verfasser zunächst ganz behutsam
um geneigtes Gehör nachsucht. Seine Handschrift ist genau so reinlich wie zwanzig
Jahre zuvor, die Buchstaben sind noch zierlicher geworden, die Linien stehen noch enger, die
Anrede ist einen Grad förmlicher, in der Schlußformel ist der Freund zum Diener geworden.
Aber es bleibt und überwiegt nach dem steifen Ton des Briefanfangs doch der alte freundschaftlich
vertraute Ton. Und zum Schluß hin schwingt sich Engel sogar zu einem unschuldigen
Scherz auf und verlangt seinem Briefpartner die salutarem poenitentiam, die heilsame
Strafe einer Prise Schnupftabak ab. Und auch die Einladung nach Imnau wird wiederholt,
diesmal, wie wir sehen werden, nicht vergeblich.

Hochwürdiger
Verehrtester Herr Domkapitular!

Schon so lange fühle ich mich angeregt, Ihnen zu schreiben; so viel Stoff bot sich dazu dar -
und ich weiß nicht wie ich dessen ungeachtet doch nicht dazu kommen konnte; auch dachte
ich Sie, während der Zeit durch so manche Vorkommnisse angenehm u. unangenehm berührt,
mit Geschäften überladen; kurz es machte sich eben so wie es nun ist. Aber einmal muß es nun
doch heraus, was in mir ist, u. es anzuhören muß ich Ihre Gedult für einige Augenblicke in
Anspruch nehmen.

Fürs erste bitte ich Sie meine herzlichsten, u.innigsten Wünsche zu Ihrem in Ihrer Vaterstadt
vollzogenen Jubelfeste genehm zu halten; ich dachte mir Sie am Altare, im schönen
Rückblicke auf Ihre so reichlich gesegneten Leistungen, und dankte mit der zahllosen Eltern-
u. Kinderschaar, u. mit Ihnen - vereint Gott - dem Geber alles Guten; ich dachte mir diese
seeligen Augenblicke für Sie, als den Vorgeschmak des weit Höheren, das dort auf Sie wartet:
Der Herr erhalte Sie, nach seinem heiligen Willen - noch lange; und wenn er Sie, was ich ihn
bitte, erhält, u. ich es erlebe, so werde ich Sie zu meinem Feste einladen - und Sie werden mich
keine Fehlbitte thun lassen, indem ich überzeugt bin - Ihre Hieherkunft würde Segensvoll
seyn.

11 Friedrich Hurter: Geburt und Wiedergeburt. Erinnerungen aus meinem Leben. 3 Bde. Schaffhausen
1845. »Rücktritt von meinen Stellen«und »Erlangte Freiheit« Bd. 2, S. 150 ff. und S. 155 ff.

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