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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0174
Heinrich Bücheler

ausserordentlich künstlerisch begabt. Sein grosses Talent in der plastischen Kunst zeigte sich
vorzüglich in der reichen und tiefen Conception, die ihm eigen war23.

Die Witwe, Agatha Marmon geb. Pfriemer, führte die Kunstwerkstätte, gestützt auf tüchtige
und verläßliche Meister, mutig weiter, um den Kindern das renommierte Unternehmen
zu erhalten. Die nächste, zweite Bildhauer-Generation der Marmons trat dann kurz vor der
Jahrhundertwende auf mit dem ältesten Sohn des Gründers. Alfons Marmon (1873-1928)
wurde am 14. Juli 1873 bereits in Sigmaringen geboren und verheiratete sich im August 1900
mit Wilhelmine Frick aus einem alteingesessenen Sigmaringer Geschlecht. Die Hohenzolleri-
sche Volkszeitung Nr. 214 meldete am 22.9.1899, daß in dem Kunstatelier Marmon verschiedene
Arbeiten ausgestellt (sind), und zwar ein Hochaltar im spätgotischen Stil für die Kirche
nach Stetten bei Haigerloch und zwei Seitenaltäre, ein Marien- und Josefs-Altar für Hegne in
der Schweiz. Die neuen Arbeiten der längst renommierten Firma Marmon würden einen
neuen glänzenden Beweis von ihrer Leistungsfähigkeit und von dem unermüdlichen Streben
des jetzigen Leiters und Inhabers, Herrn Alfons Marmon, geben. - Neben der Leitung des
ererbten väterlichen Ateliers konzentrierte Alfons Marmon sich selbst ganz auf die Holzbildhauerei24
. Das dabei erreichte künstlerische Niveau wird am Kruzifix im Hochaltar der
Friedhofskapelle in Stetten a.k.M. deutlich. Dieses 1902 von der Stettener Familie Mogg gestiftete
Corpus wird Alfons Marmon zugeschrieben. »Der Bildhauer ist hier offensichtlich
einem Typus gefolgt, der so von Michael Erhart in Ulm vorgebildet wurde«25.

Das erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts brachte überhaupt dem Kunstatelier in Sigmaringen
-Gorheim unter der Leitung Alfons Marmons einen großen Aufschwung. Ländliche
und städtische Kirchengemeinden im ganzen deutschen Südwesten und darüber hinaus bestellten
Altäre in Sigmaringen. So gingen 1901 ein Altar in die Kirche nach Sinzheim bei Baden
-Baden, 1902 einer nach Reute bei Freiburg und ein Hochaltar in die Stadtkirche Heidelberg
; 1906 ein Altar in die Kirche nach Ettlingen, 1909 je ein Hochaltar in die Kirche von
Kuhbach bei Lahr, Boll bei Haigerloch, in die Klosterkirche Kelkheim und in das Münster
von Villingen im Schwarzwald. Daneben wurde noch viel andere kirchliche Kunst geschaffen
: 1902 ein Tabernakel für die St. Annakirche in Haigerloch, 1905 ein Schutzengel für den
Kindergarten St. Anna in Karlruhe, 1908 ein Tabernakel für die Kirche in Liggersdorf usw.

Als Franz Xaver Marmon (1879-1963), der jüngste Sohn des Firmengründers geboren
wurde, am 21. Februar 1879 in Sigmaringen, war der Vater bereits über ein halbes Jahr tot.
Zusammen mit dem ältesten Bruder Alfons wuchs er in der Kunstanstalt auf, die nacheinander
von den tüchtigen Meistern F. Simler, Anton Warth und A. Schädler geleitet wurde. Im
Jahre 1895 begann er eine Lehre im Gorheimer Familienbetrieb, ging aber noch im gleichen
Jahr nach Straßburg an die dortige Kunstgewerbeschule. Auch im Elsaß regte sich damals der
Jugendstil. Marmons Straßburger Lehrer war vor allem Albert Muschwek (1857-1919), ein
einstiger Widenmann-Schüler aus Mittelfranken. Zwei Jahre später, 1897, ging der junge
Franz Marmon von Straßburg nach München zum Besuch der Akademie der Künste. Hier
bildete er sich vor allem bei den Professoren Jakob Bradl (1864-1935), Syrius Eberle (1844-
1903) und Wilhelm Rümann (1850-1906) weiter. Besonders in Jakob Bradl, der als Bildhauer
wie als Maler sich in viele Stilarten gewissenhaft einarbeiten konnte, fand Franz Marmon den
idealen Lehrer. Bradl arbeitete vor allem für Kirchen, übernahm aber auch profane Aufträge
wie das Frundsberg-Denkmal in Mindelheim und den Wittelsbacher Brunnen in Passau. Die
ganze Bandbreite von Franz Marmons späterem Kunstschaffen, die vielen sakralen und weltlichen
Werke in Bronze, Holz, Stein und Majolica, haben in der Münchener Studienzeit bei
Professor Bradl bestimmt eine Wurzel.

23 Zitiert aus: »Der Zoller«. Nr. 99. Hechingen. 24.8.1878.

24 Mündl. Mitteilungen von Herrn Walther Frick, Sigmaringen.

25 Manfred Herrmann: Kunst im Landkreis Sigmaringen. Plastik. Sigmaringen 1986, S. 364.

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