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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0192
Neues Schrifttum

sprengen aufgrund der guten Dokumentationslage den Rahmen der durchschnittlich jeweils
vier- bis fünfseitigen Darstellung. In diesen Fällen vermißt man gelegentlich die inhaltliche
Auseinandersetzung, die hier möglich wäre.

Cettina Militello beginnt ihre Arbeit mit der Bemerkung, sie habe anfänglich gezögert,
dieses Buch zu schreiben, da ihr die Aufgabenstellung zu umfangreich und wissenschaftlich
zu wenig innovativ erschien. Sie hat sich dieser Aufgabe dann letztlich doch gestellt, weil
»das Schweigen der Frauen und über die Frauen in einem Mißverständnis zu dem steht, was
über die männlichen Protagonisten der Geschichte gesagt wurde und gesagt wird« (S. 9).
Hierin wird man Militello recht geben müssen. Andererseits stellt sich die Frage, ob und inwieweit
die von ihr vorgestellten Frauen tatsächlich >Protagonisten< der Geschichte waren,
inwieweit sie >immer eine bedeutende Rolle gespielt haben<. Frauen »ergreifen auf jeden Fall
das Wort, und zwar mit dem gleichen Recht, das allen Christen eigen ist« (S. 354).Militellos
Arbeit macht, obwohl sie keinen »>Exorzismus< der Männer« (S. 354) anstrebt, deutlich, wo
die patriarchalische Gesellschaft, in der die Frauen der letzten zwei Jahrtausende gelebt haben
und leben, die Grenzen zur Ausübung dieses Rechtes zieht. »Wir haben über Frauen geschrieben
und müssen es auch weiterhin tun, um ihre jahrhundertelange Verdrängung, ihre
jahrhundertelange Ächtung zu beenden« (S. 354). Ohne Zweifel ist es notwendig, das forschungsgeschichtlich
bedingte Schweigen zu beenden; Frauen und vor allem solche mit Namen
, reale Frauen, deren Handeln belegt ist, sollten als handelnde Personen in die Geschichtsschreibung
aufgenommen werden. Fraglich ist jedoch, ob dies gewissermaßen ohne
Fragestellung gelingen kann. Verf. strebt eine »Darstellung der Geschichte der Frauen«
(S. 354) an. Könnte man die >Darstellung der Geschichte< der Männer auf 62 Protagonisten
begrenzen? Vermutlich wohl nicht. Viele der Frauen, deren Leben sie beschreibt, haben wohl
gehandelt, sind jedoch im Rahmen des auch heute noch von Männern dominierten ereignisgeschichtlich
geprägten Verständnisses der Vergangenheit, das auch von den meisten Frauen
geteilt wird, völlig ohne Einfluß geblieben und werden es ohne eine neue, qualifizierende
Einordnung weiterhin bleiben. So erfahren wir beispielsweise von Emmilia (geb. um 372),
der >Mutter von Heiligen<, der »[es] gelang, [ihre Kinder] zu einem so tiefen Glauben zu erziehen
, daß immerhin vier von ihnen >Heilige< wurden« (S. 13), daß sie tugendhaft und gütig
war, aktive Nächstenliebe übte, ihre zehn Kinder selbst stillte und eine fruchtbare und glückliche
Ehe führte. Verf. stellt zu dieser unspektakulären Lebensgeschichte fest: »Wenn also
Emmilia nicht in Vergessenheit geraten ist, ... dann nicht aufgrund ihrer eigenen Verdienste,
so bedeutend sie auch sein mögen« (S. 14). Zu Margaret More, die »so gebildet war und so
gute Sprachkenntnisse besaß, daß sie für den griechischen Text Cyprians Verbesserungsvorschläge
machen konnte, auf die nicht einmal die Gelehrten der damaligen Zeit gekommen
waren« (S. 165), heißt es: »ihre Bedeutung [liegt] für uns vor allem in der Beziehung zum Vater
« (S. 170).

Die auch von Verf. angeführte Forderung der Postmoderne nach einer »positive(n) Nutzung
der Vielfalt, die in der Verschiedenheit liegt« (S. 355), muß die Rolle der Frau in der Vergangenheit
in ihrer Besonderheit erfassen helfen. D.h., sie muß Kriterien benennen, nach denen
die Bedeutung der Lebensgeschichten dieser Frauen neu und vor allem anders als in der
traditionellen Geschichtsschreibung beurteilt werden kann. Verf. tut dies nicht. So bleiben
die Lebensgeschichten häufig, wie beispielsweise im Falle Emmilias, bedeutungslos, oder, im
Falle Jeanne d'Arcs, in wichtigen Aspekten nicht nachvollziehbar.

Den Abschluß der Arbeit bildet ein Nachwort (S. 353-356), eine Bibliographie (zusammengestellt
von Monika Tieber-Dorneger, S. 357-369), eine Zeittafel (S. 371-378) und ein
Namenregister (S. 379-382).

Cettina Militellos Einführung in die >Welt der christlichen Frauen< ist in bezug auf das
Format (kein Anmerkungsapparat) und den Inhalt ein populärwissenschaftlicher Beitrag zur
Geschichte der Frauen. Der Darstellung der Frauenschicksale fehlt im wesentlichen die Fragestellung
und damit das verbindende Element, der rote Faden. Dennoch ist die Lektüre

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