http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2000/0141
Die Landjägerei in den Hohenzollerischen Landen in den Jahren 1918-1933
Beamte. Für sie galten nur noch die (allerdings auch nicht mehr ganz zeitgemäßen
) Bestimmungen der Disziplinargesetze für die nichtrichterlichen Beamten
vom 21. Juli 1852. Dienstvorgesetzte (im Sinne des Disziplinarrechts) für die
Oberwachtmeister und Gendarmen der Bezirke waren nunmehr der Landrat, der
Regierungspräsident und schließlich der Minister des Innern. Für die einem Distriktsoffizier
oder einer Brigade zugeteilten (Stabs-)Beamten kam der Brigadier,
der Chef der Landgendarmerie und letztlich der Minister des Innern in Frage. Der
Chef der Landgendarmerie und der Minister des Innern waren für die Gendarmerieoffiziere
durchweg Disziplinarvorgesetzte. Solange Gendarmen der Bezirke an
die Gendarmerieschulen abkommandiert waren, fungierte der Kommandeur der
Gendamerieschule als disziplinarischer Dienstvorgesetzter. Gendarmerievorgesetzte
, die nicht auch gleichzeitig Diszplinarvorgesetzte waren (z.B. die Oberwachtmeister
in den einzelnen Gendarmerieberitten) waren nur zu Belehrungen,
Zurechtweisungen und Rügen befugt. Bei Gefahr im Verzuge konnten letztere jedoch
einem ihnen unterstellten Beamten die Ausübung der Amtsverrichtung vorläufig
untersagen.
Mit seinem Erlaß vom 30. April 1919 machte der Minister des Innern deutlich,
dass die Umgestaltung der Rechtsstellung der Landgendarmerie auch beinhalte,
dass jedem Beamten das Recht der freien Meinungsäußerung zustehe. Wörtlich: Bei
der Form seiner Äußerung gegenüber dem Vorgesetzten muß er sieb aber bewußt
bleiben, daß er den Vorgesetzten weder verletzen noch beleidigen noch ihm die
schuldige Achtung versagen darf. Glaubt er durch einen Vorgesetzten unrichtig oder
unangemessen behandelt zu sein, so hat er das Recht, sich unter sachlicher Darlegung
der Tatumstände und seiner Meinung bei dem höheren Vorgesetzten zu beschweren
. Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, wenn er bei dem Vorgesetzten
selbst in ruhiger und offener Weise gegenvorstellig wird. Aber er darf dabei weder
die durch die gute Sitte und Achtung gebotenen Formen außer Acht lassen, noch die
Anordnungen des Vorgesetzten einfach unbeachtet lassen. Schließlich unterläßt der
Ministerialerlaß den Hinweis nicht, dass Verstöße gegen diese Grundsätze nicht ungeahndet
bleiben können. Im übrigen müsse der Instanzenzug von den Gendarmen
eingehalten werden. Offenbar sind verschiedentliche Eingaben von Gendarmeriebeamten
in dienstlichen Angelegenheiten unter Umgehung des Dienstweges unmittelbar
beim Innenminister eingereicht worden.
Die Grundsätze für die Bereisungen der Gendarmeriebrigadebezirke und der
Gendarmerieschulen durch den Chef der Landgendarmerie, von denen der Minister
des Innern mit Erlaß vom 31. Mai 1919 die Ober- und Regierungspräsidenten in
Kenntnis setzte, sind ebenfalls in Zusammenhang zu setzen mit der neuen Rechtsstellung
der Landgendarmerie. Künftig hatten die auch in anderen Gendarmeriekorps
üblichen Korpsmusterungen nicht mehr die Eigenschaft bloßer militärischer
Besichtigungen, auch wenn die Beamten bei den Besichtigungen durch ihren obersten
Gendarmeriechef die äußeren Formen wahren mussten, die dem Dienstverhältnis
und der Achtung vor dem Vorgesetzten entsprachen. In erster Linie war als
Zweck der Bereisungen, die in zeitlicher Hinsicht mit den Landräten abzusprechen
waren, angeführt:
139
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2000/0141