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Der Sigmaringer Turnerbund während des Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit
1949 die Möglichkeit der Vereinsgründung vereinfacht wurde, nahm man hiervon
die Sportvereine aus53. Deren Gründung war weiterhin nur mit ausdrücklicher Genehmigung
der Franzosen erlaubt. Selbst die Abhaltung einer Gründungsversammlung
war nur nach vorheriger Genehmigung durch die Militärregierung möglich.
Grundsätzlich verboten war die Ausübung des Schieß-, Waffen-, Wehr-, Gelände-
und Flugsports. Am 1. Februar 1950 fielen diese Schranken54. Nun konnten Sportvereine
wieder unbeschränkt gegründet werden. Und auch die Turnvereine durften
sich unter ihrem alten Namen konstituieren. Doch die Sigmaringer Turner ließen
sich noch sieben Jahre Zeit. Erst seit dem 12. Februar 1957 gab es den Turnerbund
erneut55. Mit circa 100 Mitgliedern startete man einen Neuanfang. Der Turnerbund
wollte sich vor allem der Leichtathletik, dem Geräteturnen, der Gymnastik und den
Turnspielen zuwenden. Eigens wurde in der Gründungsversammlung betont, auf
die Einrichtung einer Fußballabteilung zu verzichten. Eine außerordentliche
Hauptversammlung am 29. April 1957 verabschiedete eine neue, demokratische
Satzung. Damit knüpften die Sigmaringer Turner an ihre alten Traditionen aus der
Gründungszeit 1848 an.
ZUSAMMENFASSUNG
Die Vorstandschaft des Sigmaringer Turnerbundes hatte im April 1933 sofort mit
der Umsetzung der in Stuttgart von Edmund Neuendorff geforderten Maßnahmen
begonnen. Die wesentlichen Komponenten der Anbiederungspolitik - Wehrhaftig-
keit und Wehrturnen, Führerprinzip, Ausschluss marxistischer (und jüdischer)
Mitglieder - wurden auch in Sigmaringen sofort sichtbar. Damit stand man keineswegs
allein dar, wie das Beispiel des Mittelrheinkreises des Deutschen Turnerbundes
Kreises: Die Militärregierung in Sigmaringen hat angeordnet, dass von allen Vereinen der
1. Vorsitzende oder dessen Stellvertreter im Laufe der nächsten Wochen, spätestens bis 15.12.
1948, bei der Militärregierung in Sigmaringen, Karlsstraße 13, persönlich vorstellig werden
soll, um über die Vereine nähere Auskunft zu geben.
53 StAS, Ho 199 T 4, Nr. 223, Schreiben vom 29. Januar und vom 3. Februar 1949: Vorliegende
Vorschriften betreffen alle Vereine mit Ausnahme der Sport- und Jugendvereine. Amtliche
Bekanntmachung des Landratsamtes vom 1. Juli 1949 zur Veröffentlichung in der Schwäbischen
Zeitung: Was ist bei der Gründung von Vereinen zu beachten? - Besondere Bestimmungen
gelten für die Sport- und Jugendvereine, auf die die genannten Vereinfachungen nicht
anzuwenden sind. Sie bedürfen wie bisher zur Abhaltung der Gründungsversammlung der
vorherigen Genehmigung der Militärregierung, und die Vereinsgründung wird erst mit deren
ausdrücklicher Genehmigung wirksam. Sportvereine haben ihre Anträge über den Kreissportbeauftragten
einzureichen. Siehe auch Schreiben vom 11. Oktober 1949.
54 StAS, Ho 199 T 4, Nr. 223, Schreiben vom 3. Februar 1950: Danach fällt die Bestimmung,
dass für die Gründungsversammlung eine Genehmigung eingeholt werden muss, ab 1.2.1950
weg. Ferner können sich Sportvereine jeder Art gründen bzw. wiedergründen, also auch die
ehemaligen Turnvereine unter ihrem alten Namen. Abgedruckt auch in der Schwäbischen
Zeitung vom 3. März 1950.
55 Schwäbische Zeitung vom 16. Februar 1957.
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