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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0476
Der Fürst und „seine" Hexe

der Regierungszeit seines Bruders stets auf Distanz zu dessen krankhaften Hexenwahn
geblieben war. Auch jetzt, als regierender Fürst, hielt sich Philipp in dieser
Sache offenbar zurück. Während seiner Regierungszeit (1661-1671) kam es zwar zu
drei offiziellen Verfahren wegen des Verdachtes der Hexerei429, in keinem Fall ist
jedoch ein Todesurteil bekannt430. Die beiden letzten Fälle, zwei Jahre vor Philipps
Tod431, sollten übrigens die beiden letzten Hexenprozesse in der gefürsteten Grafschaft
Hohenzollern-Hechingen überhaupt gewesen sein.

Dass es sich beim ersten Prozess nach dem Regierungsantritt Philipp Christoph
Friedrichs um den bereits zu Beginn dieser Arbeit ausführlich vorgestellte Kinder-
hexenprozess gegen die beiden sechs- und zehnjährigen Töchter der Weißgerberin
Anna Maria Grün handelte, sollte trotz der eben gemachten Ausführungen nicht
überraschen. Sicherlich hatte auch die Hechinger Weißgerberfamilie nach dem
Ableben Eitel Friedrich II. darauf gehofft, dass die Zeiten der Unsicherheit und Angst
vor Verfolgung endgültig der Vergangenheit angehören würden. Andererseits musste
ihnen aber auch klar sein, dass trotz der spektakulären Freilassung der Mutter ihre
erwiesene Unschuld letztlich „nur" auf dem Papier stand. Nicht ausgelöscht waren
damit weder der gesellschaftliche Makel, überhaupt in die Mühlen der Inquisition
geraten und dem unehrlichen Scharfrichter in die Hände gefallen zu sein, noch das im
Empfinden der Menschen fest verankerte Misstrauen, die vielleicht ja doch vorhandene
teuflische Bosheit der Mutter könnte sich ja an ihren Kindern noch erweisen
.

So wird die Familie Harting in jenem Sommer 1663 tatsächlich noch einmal von
den schrecklichen Ereignissen der Vergangenheit eingeholt. Dem nicht aus Hechingen
stammenden Jägermeister Melch war zunächst wohl nicht bewusst gewesen, mit welchen
Kindern seine beiden Töchter da gespielt hatten. Doch nach der unbedachten
Selbstbezichtigung der kleinen Anna Maria Harting und den leichtfertigen Beschuldigungen
durch das Schweizer Kindermädchen Rosina ist für ihn der Weg zur Inquisitionsbehörde
schnell beschritten. Dass die Mutter der Beschuldigten bei ihrem
beherzten Auftritt in der fürstlichen Kanzlei mit dem Mute der Verzweiflung in die
Offensive geht und mit langer Erzehlung deutlich macht, dass sie unschuldiger weiß
durch den Henker gepeinigt worden war, obwohl man ihr doch dessen kein Ursach

429 Bereits im Vorfeld einer offiziellen Untersuchung blieb der Vorwurf von Hans Kindler,
Burger und Metzger von Hechingen, gegen den Schuster Daniel Schmid stecken. Kindler habe
ihn, so der klagende Schuster, ein Hexenmandel Bockhreiterlin und seine Hausfrau ein Hexen
und Unholden, Heuberg Reitterin gescholten und schließlich noch hinzugefügt, dass er erleben
wolle, Holtz zu hauen, wann man sie verbrennen werde. Der beklagte Metzger bekennt,
diese Aussagen gemacht zu haben, sie seien aber seinem Kopf in der Vollere) [...] zuzuschreiben
. Nüchtern betrachtet wisse [er] nichts Übles von Clägem und dessen Hausfrau, sondern
alles Liebs und Gueths. Zur Strafe muss er für diese im Vollrausch begangene Bezichtigung
beim nächsten Verhörtag in Beysein ehrlicher Leuth eine christliche Abbitt thuen und 10 #
Heller zahlen (StAS, Ho 1, T 8, Audienzprotokolle Bd. 103, 25.2.1662, fol. 9r.).

430 Vgl. Kraus (wie Anm. 6), S.3, Nr. 96 und 97: Die im Hechinger Spital lebende Witwe
Marta Schetter wurde gefoltert, nach Schwören der Urfehde jedoch des Landes verwiesen. Der
Ausgang des Prozesses gegen Sara Baiinger ist nicht bekannt.

431 Fürst Philipp Christoph Friedrich starb am 13. Januar 1671 (Egler, wie Anm. 47, S. 118).

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