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Barbara Guttmann, Ute Grau
Die Entwicklung Tailfingens zur „Trikotagen-Metropole"
Jahr
EinGebäude
HausFabriken29
Rundsteuerbares
wohner
wirkereien
stühle
Kapital
1860
1700
1
-
-
1870
2100
370
4
-
-
-
1875
2316
23
30.933,-
1880
50
4
180
1890
2830
576
113
11
ca. 600
1900
2746
660
62
10
ca. 700
168.435,-
1910
5412
900
34
25
1700
386.320,-
1913
5500
1017
34
25
1800
539.634,-
1921
6000
1250
2
38
ca. 2100
750.000,-
4. FRAUENARBEIT IM HAUSGEWERBE
Die Tailfinger Trikot-Industrie entwickelte sich in ihren Anfängen aus den Stuben
der eher kleinen und armseligen Häuser heraus. Die Arbeitsstätte nahm im Haus der
Wirkerfamilie den größten und hellsten Raum ein. Meist stand der Rundstuhl am
Fenster, um künstliches Licht zu sparen, was dazu führte, dass der Rest des Raums
mehr oder weniger im Dunkeln lag. Um den Rundstuhl zu schonen, wurde selten
gelüftet. Der als Wohnung dienende Raum war auf das äußerste reduziert, in der
Regel wurden nur zwei Räume bewohnt: Das Schlafzimmer sowie ein Wohnraum,
der oft auch als Küche und Werkstatt diente. Darüber hinaus wurde Raum für die
Lagerung der Rohstoffe und fertigen Ware benötigt, „... so ist eigentlich die ganze
Wohnung für gewerbliche Zwecke occupiert"30.
Die Rundstühle wurden mit der Hand angetrieben, „gedrillt". Ihre Bedienung war
einfach und in kurzer Zeit zu erlernen. „Aus dieser primitiven Anforderung an die
Arbeitsleistung erklärt es sich, dass bei kürzerer oder längerer Verhinderung des
Familienvaters alle Familienmitglieder in der Lage sind, mitzuhelfen, und auch that-
sächlich zur Mitarbeit herangezogen werden"31.
Das „Drillen" des Rundstuhls gehörte mit zur täglichen Arbeit einer Wirker-Ehefrau
, und auch die Kinder arbeiteten mit. Anders konnten die zur Abbezahlung des
Wirkstuhles und zum Broterwerb erforderlichen Arbeitszeiten von bis zu 18 Stunden
28 Lehmann (wie Anm. 16), S. 86.
29 Die Zahl der angegebenen Fabriken differiert in der einschlägigen Literatur. Dies dürfte auf
eine unterschiedliche Definition des Begriffs zurückzuführen sein. Hier werden offensichtlich
unter „Fabrik" auch Manufakturen verstanden, die mit Handantrieb produzierten. Bergmann
(wie Anm. 7), S. 12 datiert die erste Tailfinger Trikotfabrik auf 1888 (s. u.) und gibt für 1890
erst eine Fabrik an. Als Fabrik wird hier eine durch Kraftantrieb betriebene Produktionsstätte
verstanden.
30 Reinhard (wie Anm. 7), S. 73.
31 Ebd., S. 57.
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