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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0157
Auf den Spuren des Hechinger Landgerichtsrats und Naturarzt Dr. Moritz Meyer

Erde' das unkonventionelle, aber für die Weimarer Zeit mit ihrer vielgestaltigen naturromantischen
Bewegung nicht untypische Leben eines .Aussteigers' und Selbstversorgers
, das noch heute im Erinnerungshaushalt - zumindest der heimatgeschichtlich
interessierten - Hechinger gespeichert ist und das Friedrich Wolf in seiner Erzählung
so anschaulich geschildert hat16.

Wolf, der seit Februar 1920 Stadtarzt in der rheinischen Industriestadt Remscheid
war, wandte sich im Frühjahr 1921 mit einem Hilferuf an seinen Onkel und seine
Mutter: Lieber Mor, liebes Mutting [...] Eins ist mir klar: ich muß aus der Stadt, aufs
Land! Es gibt manche Wege; später mehr; heut nur dies: Kann Mor (oder
Mutting) gleich einmal bei Felke, der wieder in Repelen, anfragen, ob dort für mich
Möglichkeiten?! Bitte! Wenn ich heut irgendwo ein Sonnensanatorium aufmachen
könnte, wenn auch in den bescheidensten Formen ...u. Nach einem halbjährigen Zwischenspiel
in der Gemeinschaftssiedlung .BarkenhofP in Worpswede, einer Art utopisch
-sozialistischer Kommune'8, kam Wolf im Spätherbst 1921 nach Hechingen, wo
ihm sein Onkel eine Kassenarztstelle verschafft hatte.

Das ,Idyll', das er dort vorfand, beschreibt er über zwanzig Jahre später in seiner
Novelle, wobei er seine Ankunft in der Zollernstadt auf das Frühjahr 1922 verlegt und
in Begleitung seiner zweiten Frau Else stattfinden lässt19. Das Oehmchen, dieserfünf-

16 In diesem Zusammenhang wirft Adolf Vees die bedenkenswerte Frage auf, inwiefern die
lokale Rezeptionsgeschichte nach 1945, die Meyer als skurrilen Außenseiter darstellt, von den
Jahren der erzwungenen Ausgrenzung während der NS-Zeit geprägt worden ist. Adolf Vees:
Eine Hoffnung in Hechingen - Friedrich Wolf in der Kleinstadt. Vortrag anlässlich der Friedrich
Wolf-Kulturtage 2004 in Hechingen, gehalten am 15. Oktober 2004 im Konstantinsaal der
Stadthalle Museum in Hechingen.

17 Friedrich Wolf an Moritz Meyer und Ida Wolf, Remscheid, 30. März 1921. In: Wolf/Pol-
latschek (wie Anm.6), S.85. Hervorhebungen im Original.

18 Der bekannte Maler und Grafiker Heinrich Vogeler hatte nach dem Krieg sein bäuerliches
Anwesen in der ehemaligen Künstlerkolonie Worpswede, den .BarkenhofP, einer Gruppe
Kriegsteilnehmer und deren Familien zur Verfügung gestellt, die versuchten, wie Wolf sich später
ausdrückt, einen Kommunismus in nuce, in der Nußschale, in Reinkultur, unter der Glasglocke
, ohne Kompromisse zu leben. Friedrich Wolf: Transportarbeiter vor die Front! [wahrscheinlich
1931] In: Ders.: Gesammelte Werke. Bd.15: Aufsätze 1919-1944. Berlin/Weimar
1967, S.186-191; hier S.187. Friedrich Wolf verarbeitete seine Erfahrungen in der Barkenhoff-
Kommune später in dem Theaterstück .Kolonne Hund'. Zu Heinrich Vogeler und dem Bar-
kenhoff vgl. auch: Heinrich Vogeler: Erinnerungen. Hg. von Erich Weinert. Berlin 1952;
zum Barkenhoff-Projekt vgl. das Kapitel .Kommune und Arbeitsschule' in: Siegfried Bresler:
Heinrich Vogeler. Reinbek bei Hamburg 1996, S.65-85. Heute ist der Barkenhoff Sitz der Bar-
kenhoff-Stiftung, die ständig Ausstellungen zu Heinrich Vogeler und zur Worpsweder Kunstgeschichte
ausrichtet.

19 Wolf hatte sich 1921 von seiner ersten Frau Kaethe Gumpold, der Mutter seiner beiden ältesten
Kinder Johanna und Lukas Friedemann, scheiden lassen und heiratete 1922 Else Dreib-
holz, mit der er bis zu seinem Tod im Jahre 1953 verbunden blieb. Dieser Ehe entstammen die
beiden Söhne Markus (geb.1923) und Konrad (geb.1925), die in Hechingen zur Welt kamen.
Insgesamt hatte Wolf sieben Kinder von fünf verschiedenen Frauen. Einen anschaulichen Eindruck
von Wolfs bewegtem Leben vermittelt: Lew Hohmann: Friedrich Wolf. Bilder einer
deutschen Biographie. Berlin 1988.

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