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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0197
Zur Geschichte des Hohenzollerischen Landestheaters

Fernsehen. Wenn wir zum Bäcker kamen und ein paar Semmeln oder 100 Gramm
Brot kaufen wollten, dann hat der gesagt: „ Ja, des Stück hat uns g 'falle. Oh, des war
schön, des habet Se gut g'macht". Ja und dann hin ich heim mit den Semmeln und
hab die Tüte ausgeleert - da sind die Brotmarken wieder rausgefallen. Ahnliches passierte
beim Milchmann. Man hat ja eigentlich nur Magermilch gekriegt, aber der hat
gesagt: „Ah, des Stück hat mir gfalle, gell, Sie sind ein Schauspieler", und dann hat
er dir die Vollmilch in die Kanne geschöpft... Da gab es so eine kleine Wirtschaft,
„Zum Alten Fritz" hieß die, da haben wir gegessen. Da war eine ganz entzückende
Tochter, die Anneliese. Die hat uns nicht verhungern lassen, sie hat uns immer ein
Stammgericht gegeben, ohne Marken... So haben uns die Leute damals Geschenke
gemacht. Bei Premieren - das kann man sich gar nicht mehr vorstellen - ein belegtes
Brot, eingepackt in Papier und ein Bändchen drumrum. Das haben die Leute auf die
Bühne geschickt oder eine Zigarette, eingepackt in Seidenpapier mit einem Schleiferl.
Da lacht man heute drüber, aber für uns waren das Geschenke, wie wenn man heutzutage
einen Fresskorb kriegt. Weitere Bedingungen erschwerten das tägliche Leben
der Menschen, im Besonderen das der Theaterleute. Toni Berger: Jeder, der gekommen
ist, hat ein Stück Holz mitbringen müssen. Das hat er dann im Kassenraum hingeschmissen
, dann erst hat er eine Eintrittskarte bekommen. Der Winter von '45 auf
'46 war bestialisch kalt, und die Säle mussten geheizt werden*.

Zeitzeugen Anneliese Keller und Maria Knörzer im März 2004:
Anneliese Keller: Die Schauspieler sind oft zu uns in den „Alten Fritz" gekommen.
Sie saßen im Nebenzimmer und sprachen über Proben, Aufführungen und Tagesereignisse
. Als junges Mädchen durfte ich immer wieder dabei sein und zuhören. Es war
eine lustige Gesellschaft. Besonders Gustl Bayrhammer hat mich mit seinem bayrischen
Dialekt fasziniert. Toni Berger, so scheint es mir heute, war der eleganteste von
allen, ein Beau. Gut erinnere ich mich auch an Rosemarie Fallenstein als Minna von
Barnhelm. Irmgard Henning, die 1947 in Sigmaringen Gustl Bayrhammer heiratete
,war eher ein mütterlicher Typ. Ein besonderes Ereignis war es, wenn Theodor Loos
als Gastspieler nach Sigmaringen kam. Auch die berühmte Maria Becker gastierte in
Sigmaringen.

Maria Knörzer: Ich war ab Januar 1947 bis zum Ende des Theaters 1950 beim
Hohenzollerischen Landestheater als Sekretärin tätig. Der Dramaturg Rudolf Frit-
sche, der Intendant und Schauspieler Robert Marencke, die Schauspieler und alle
Mitarbeiter fühlten sich als eine verschworene Gemeinschaft. Die äußeren Bedingungen
von damals kann man sich heute kaum noch vorstellen. Zum Beispiel fuhren
wir zu auswärtigen Gastspielen lange Zeit mit einem Holzvergaser. Beim Verlassen
des Kreisgebiets mussten wir einen Passierschein vorzeigen. Oft waren wir hungrig.
Der Besitzer des „Alten Fritz" war Schäfer. Daher gab es dort manchmal umsonst
Lammfleisch. Beliebt war dort auch geriebener (!) Kartoffelsalat und Linsen. Auch in
der „Krone" haben wir gegessen. Das geflügelte Wort „Einmal Quark zwei Mark"

4 Manfred GLÜCK (Hrsg.): Gustl Bayrhammer, Das Herz gehört dazu. Ullstein 1994. S. 25;
26; 30. Den Hinweis auf dieses Buch verdanke ich Herrn Friseurmeister Heinz Gauggel.

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