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Jürgen Scheff
Tübingen konnte von Goessler verhindert werden. Obwohl sich Rieth bei Prof. Dr.
Hans Reinerth, dem Reichsamtsleiters des Reichsbundes für Deutsche Vorgeschichte
und treuen Gefolgsmann Alfred Rosenbergs in Berlin habilitiert hatte, wurde er als
offenbar politisch tragbar angesehen167. Die ihm von seinem Vorgesetzten Friedrich
Garscha (1909-1974) in der Zeit als Mitarbeiter in der Denkmalpflege im besetzten
Elsass bescheinigten verschiedenen Krache der Vergangenheit, mit denen er sich
mehrfach die Finger so verbrannt hat, daß er inzwischen doch vorsichtiger geworden
istm, dürften möglicherweise als politisch entlastend gewertet worden sein.
1946
Die Wintermonate bis April nutzte Eduard Peters zu einer schriftlichen Zusammenfassung
seiner Forschungsergebnisse der letzten 20 Jahre. Da wichtige Grabungsberichte
bis heute verschollen sind, ist sein aus dem Gedächtnis reproduzierte Werk
„Meine Tätigkeit im Dienst der Vorgeschichte Südwestdeutschlands" von hoher forschungsgeschichtlicher
Bedeutung. Das auf eigene Kosten in einer Auflage von 200
Exemplaren gedruckte Heftchen erschien im September und wurde von Peters an alle
urgeschichtlichen Institutionen und ehemaligen Mitarbeiter des In- und Auslandes
versandt169. Eine Bitte des Bürgermeisters Müller aus Sigmaringen vom 6. Februar
zur Mitarbeit an einer „Chronik der Stadt Sigmaringen" zum Thema Urgeschichte
lehnte Peters zunächst ab170. Stein des Anstoßes war der Sigmaringer Altertümersammler
Rudolf Hotz, der auf Wunsch von Bürgermeister Müller den Part Vor- und
Frühgeschichte übernehmen sollte. Peters nahm Hotz dessen Verhalten während der
jahrelangen Verhandlungen um den Erwerb der Steinzeitfunde vom Dettinger Berg
im Jahr 1939 offenbar noch übel und bestritt dessen fachliche Kompetenz. Nach dem
plötzlichen Tod von Hotz am 1. Mai und der Übernahme des vor- und frühgeschichtlichen
Teils durch Oskar Paret war Peters dann doch zur Mitarbeit bereit171.
Am 1. März erfuhr Eduard Peters durch Archivinspektor Schaffner, dass man bei der
Umräumung des Sigmaringer Stadtarchivs ein Paket mit den verloren geglaubten
Steinzeitfunden vom Dettinger Berg im Sigmaringen aufgefunden habe, die seit der
Besetzung des Landeshauses im Sommer 1945 ebenfalls als verschollen galten172.
Am 4. April wurde Eduard Peters durch Staatssekretär Josef Schurr offiziell als
Staatlicher Vertrauensmann für Bodenaltertümer in Hohenzollern bestätigt. Wegen
der Unmöglichkeit, neues Schreibpapier zu beschaffen, erledigte Peters seine amtliche
Korrespondenz zunächst auf Blättern mit dem Briefkopf des Bürgermeisteramts Ver-
ingenstadt. Anfang April gelang wieder die Kontaktaufnahme mit Luigi Cardini in
167 Nachlass Peters Veringenstadt (wie Anm. 59) Brief Peter Goessler an Eduard Peters, 4.
November 1945.
168 Nachlass Peters Tübingen (wie Anm. 37) Schreiben Friedrich Garscha an Eduard Peters,
17. August 1942.
169 Peters, Meine Tätigkeit (wie Anm. 6).
170 Nachlass Peters Veringenstadt (wie Anm. 59) Brief Bürgermeister Müller an Eduard Peters,
6. Februar 1946. - Rückantwort Peters, 23. Februar 1946.
171 Nachlass Peters Veringenstadt (wie Anm. 59) Brief Bürgermeister Müller an Eduard Peters,
26. Juli 1946.
172 Ebd. Aktennotiz von Eduard Peters, o. Datum.
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