Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 44
(PDF, 57 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2007/0056
Konrad M. Müller

Gammertingen einige Monate retten, aber im Jahr 1612 sind dann doch viele Leute an
der Pest gestorben.

Die Pest im Dreißigjährigen Krieg wurde vermutlich bei der Besetzung Gammer-
tingens durch die Schweden unter dem Truppenführer Rost am 20. November 1632
eingeschleppt, aber auch nach deren Abzug drangen plündernde Soldaten immer wieder
ein, die alle irgendwelche Seuchen zurückließen. Stadtherr war damals Johann
Christoph Speth (1632-1658), er floh nach Bayern, als sich der Feind vor den Mauern
zeigte. Dieses Imstichlassen der Stadt wirkte sich auf das Verhalten der Bewohner
sehr nachteilig aus. 1635/36 brach die Pest aus, und der inzwischen zurückgekehrte
Stadtherr erließ eine Pestordnung. Wieviele Todesopfer zu beklagen waren, kann
nicht mehr festgestellt werden. Pfarrer Melchior Kaufmann (1630-1634), konnte für
diese Zeit keine Kirchenbücher mehr führen, da er wohl als einer der ersten an der
Pest gestorben ist. Nachträglich bei einer Vogtgerichtssitzung am 11. Januar 1636
wurde der Pesttod der beiden Schwestern Maria am 20. September und Ursula am 27.
September bekannt gegeben. Deren Vater, der untere Müller Jakob Knupfer, hatte die
Pest aus dem Haus des Metzgers, Hans Reiser, mitgebracht und seine Töchter angesteckt
.

Die herrschaftliche Pestordnung griff empfindlich in das Leben der Einwohner
ein:

Um allen Ordnungen, Gebote und Verbote in diesen betrübten Zeiten zu halten,
wird angeordnet:

1. Um die unglückliche Krankheit einzudämmen, wird in Gammertingen und in
allen Speth' sehen Flecken verboten, von einer Ortschaft zur andern zu wandern. Nur
mit herrschaftlicher Erlaubnis dürfen Personen eine andere Ortschaft aufsuchen.

2. Wenn in einem Hause die Pest ausgebrochen ist, so darf diese von niemandem
mehr betreten werden. In jeder Ortschaft werden Personen bestimmt, die Holz, Wasser
und andere Notdurft vor die verseuchten Häuser tragen. Es ist mitgeteilt worden,
daß verschiedentlich Personen ind verseuchte Häuser gegangen sind. Besonders
waren es Frauen und Kinder, die hierdurch die Krankheit dann weiter verbreiteten.
Wenn in einem Haus die Pest ausbricht, wird es sofort durch den Totengräber
gesperrt. Die Personen, die das Essen vor die Häuser tragen, ebenso die Totengräber
sind von der Gemeinde zu bezahlen. Aus den verseuchten Häusern darf nichts
gekauft werden. Wer diesen Geboten zuwider handelt, er sei alt oder jung, wird
sofort der Stadt und Vorstadt verwiesen und erhält die Bedingung auferlegt, daß er
vier Wochen lang nicht mehr herein dürfe. Personen, die keine Bürger sind und keine
obrigkeitliche Aufenthaltsbewilligung besitzen und sich den Anordnungen nicht
fügen, dürfen keinesfalls im Hause geduldet werden.

3. Die Obrigkeit ordnet an, daß draußen auf dem Felde Pestwachen aufgestellt
werden, damit nicht nur Vieh und Roß gesichert seien, sondern vielmehr durch herumstreichende
Parteien, Reiter und Soldaten, die Einschleppung der Pest verhindert
werde. Es darf nicht jedermann durch das Stadttor frei aus- und eingehen, da durch
fremde Personen die Pest eingeschleppt werden kann. Auch nachts darf nit jeder hereinschlupfen
. Die Vorstädter haben sich vernehmen lassen, daß sie nicht mehr zu
wachen gewillt oder schuldig seien. Auch Jakob Knupfer, der untere Müller, äußerte
sich in gleichem Sinne. Ueber solche Ansichten muß sich die ganze Bürgerschaft

44


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2007/0056