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Wolfgang Hermann
und stand somit an der Spitze des Hofgerichts266. Dasselbe hatte nicht die beschworene
Reichsverfassung zu verteidigen, sondern vielmehr über Verletzungen der Verfassung
von 1833 zu befinden267. Damit stellte das Vorgehen der Landesregierung und
des Fürsten selbst einen Verfassungsbruch dar.
1850 - mitten in den Untersuchungen gegen Severin Beck - trat er als Justiziar in
den unmittelbaren Dienst der fürstlich hohenzollern sehen Hofkammer. In kurzer
Zeit erlangte er die Stellen eines Hofkammerrathes, Vicedirektors, Direktors und
schließlich des Präsidenten dieser großen Verwaltung2^. <...> Als Regierungs- Assessor
und Staatsanwalt übernahm ihn die Krone Preußens in die Landesverwaltung
infolge des Staatsvertrages vom 7. Dezember 1849 nebst ihren Besoldungen. Danach
bekam er ein jährliches Gehalt von 925 fl., vergleichsweise erhielt der Medizinalrat
Dr. Batzer269 eine Besoldung von 415 fl. und der Geistliche Rat und Verantwortliche
für das Schulwesen, Fidelis Engel, eine solche über 15 fl. Diese geringe Staatsausgabe
erscheint beschämend. Ob sie einmalig war ist nicht zu ergründen. Warum die Besoldung
so niedrig gehalten wurde ist vorerst nicht zu klären. Spekulativ sei vermutet:
Die Regierung könnte gedacht haben, Engel, da er bereits von kirchlicher Seite her
besoldet ist, von staatlicher Seite her kein zusätzliches Einkommen benötige. Oder:
Da er sich mehrfach für Severin Beck eingesetzt hatte, müßte man den Schulinspektor
demütigen. Oder: Der Staat wolle nicht mehr hinnehmen, daß die Kirche die
Schulaufsicht ausübe270.
6.2 Der Prozeß gegen Severin Beck
Zu den Untersuchungen gegen die Revolutionäre geht Ende Oktober 1849 aus dem
Schwarzwälder Boten zunächst soviel hervor: Die politischen Untersuchungen befinden
sich in vollem Gange und täglich finden zahlreiche Zeugenverhöre statt; unter
den Verhafteten befinden sich Pfarrer Dibold von Thannheim und ein Schullehrer,
welcher sich im vorjährigen März dem regierenden Fürsten <von Hohenzollern-
Hechingen> Realinjurien zufügte. Auch in Sigmaringen sollen die Untersuchungen
nächstens beginnen27^. Die Untersuchungen sollten noch bis ins Jahr 1852 andauern,
als Severin Beck sich bereits auf Dauer in Bachhaupten aufhielt.
Aus den erhaltenen Akten über die hohenzollerischen Beamten und Lehrer wird
deutlich, daß die Regierung sich fortgesetzt über die Ereignisse der Jahre 1848/49
informierte und seit August 1849 die Anklagen gegen Beck durch Staatsanwalt Joseph
Stroppel vorbereitete. Zuträger der Informationen waren die örtlichen Gendarmen
und Oberamtmann Harz, der Untersuchungsrichter, welcher am 9. August 1849 ein
266 Ebd. S. 152.
267 Ebd. S. 146.
268 SB, Nr. 145, v. 26. 6. 1883.
269 Medizinalrat Dr. Batzer wohnte seit 1841 in Sigmaringen im fürstl. OberhofJägerhaus, heute
„Schulhof 6" - StAS, Dep. 39, NVZA 12983.
270 Aktenstücke zur Abtretung Hohenzollern-Sigmaringens an Preußen ... und Liste der Versorgung
der Staats- und Hofbeamten, S. 32. Fundort: HHb Hechingen, G 113. Die ausgewiesene
niedrige Besoldung des Geistlichen Rates Engel ist kein Druckfehler.
271 SB, Nr. 208, v. 23.10.1849.
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