Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 191
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Anton Fink: Die schwarzen und die heiteren Lose meines Erdenlebens

Geschlechter vergehen - Geschlechter kommen! Ewiger Kreislauf! Damals stund ich
am Anfange meines Wirkens. Heute stehe ich im 25ten Jahre eines Lehrer-Pensionärs.

Der 2te Lehrer Haigerlochs, Donat Rot50 aus Harthausen a. d. Sch., war etwa 45
Jahre alt. Er wollte die erste Stelle nicht haben, weil der Organisten-Dienst mit ihr
verbunden war. Er machte die Sache für sich sehr schlau. Ich war gewählter erster
Lehrer, mußte also Jahr aus, Jahr ein bei jedem Gottesdienst da sein. Kam aber Herr
Rot nicht, dann war ich verpflichtet, den Chor zu leiten. Dieselben Pflichten hatte ich
dem Kirchenchor gegenüber. In der Praxis war ich nicht der erste sondern der zweite
Lehrer von Haigerloch.

[25] Lehrer Rot hatte eine adelige Frau51. Sie war die Schwester vom Herrn Dekan
von Ow52 (sprich von Au) in Harthausen a. d. Scherr53. Herr Rot war allweg tüchtig.
Seine adelige Frau sicherte ihm eine überlegene Stellung. Kinder waren nicht vorhanden
. Dieser vornehmen Familie gegenüber mich zu behaupten war nicht leicht, zumal
Rot im Pfarrhofe eine höchst vorteilhafte Position hatte.

Für mich hieß es: „Trotz aller Gewalten sich dennoch erhalten." Beneidenswert
war meine Lage in keinem Falle. Durch 33 Jahre habe ich in Haigerloch ausgehalten.
Rot hatte keine feste Gesundheit. Er starb an der Schwindsucht, kaum 55 Jahre alt.
Die letzten zwei Jahre mußte ich seine Schulklasse mitschleppen. Oft, sehr oft, stand
seine Frau oben an der Treppe. Sie wartete auf mich und bat mich: Rots Schule mit zu
halten. Bei einem andern Lehrer hätte die Regierung nicht so viel Geduld gehabt. Die
adelige Frau Rot war eine übermächtige Fürbitterin. Wir suchten uns mit Rots-Familie
gut zu stellen. Frau Rot wurde sogar einem von meinen Kindern Patin.

Ein weit gefährlicherer Feind drängte nach Haigerloch hinein. Das war der Lehrer
Binder54 von Tailfingen. [26 a] Binder war ein guter Gesang-Vereins Dirigent. Die
maßgebenden Leute wußte er alle auf seine Seite zu bringen. Mit der Zeit verlor er an
Ansehen. In Trillfingen trieb er Zins-Wucher. Er wurde versetzt nach Tafertsweiler.
Sein Stern erlosch in Haigerloch. Ungefähr 20 Jahre war er mit seinem Arbeits-Pfluge
in meinem Arbeits-Felde herum gefahren. In Haigerloch wollte er den letzten
Juden musikalisch machen. In seinem Trillfingen sang er Sonntag für Sonntag einfache
deutsche Lieder beim Gottes-Dienste.

50 Donat Roth, * Harthausen/Scher 18.2.1832, | Haigerloch 3.11.1883. 1861-1883 zweiter
Lehrer in Haigerloch. StAS Ho 202 T 3 Nr. 2565 und Ho 235 T 26-28 Nr. 901.

51 Maria Elisabeth (genannt Lisette) von Ow, * Sigmaringen 3.9.1805, f Sigmaringen 28.3.1897,
Enkelin des berühmten Malers Andreas Meinrad von Ow. StAS Ho 235 T 26-28 Nr. 901. -
Anton Fink: Lisette von Ow. In: Hohenz. Blätter 149 (2.7.1927).

52 Joseph Fidel von Ow, seit 1850 Pfarrer in Harthausen und Dekan des Kapitels Veringen.
••- Sigmaringen 26.12.1808, t 5.5.1874. FDA 17 (1885) S. 99.

53 Richtig: Harthausen auf der Scher.

54 * Bisingen 7.1.1845, f Sigmaringen 28.11.1911. Ganz anders bewertet wurde Binder nach seinem
Tod im Nachruf: „... Lehrer Binder war ein gerader, biederer Charakter, unterhaltender
Gesellschafter und erfreute sich allgemeiner Beliebtheit..." Haigerlocher Bote 182 (2.12.1911).

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