Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 194
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Karl Werner Steim

Dreck hieß dieses Luder. Mit dem Schrupper habe ich die Hexe für immer aus meinem
Hause verbannt."

Zöhrlaut verstund gutes Bier zu machen, verstund auch die Leute anzuziehen. Mit
sämtlichen Lehrern der Umgegend stellte er sich auf Duzfuß. Er war auch ein großer
Freund des Gesanges. Er hatte einen ausgiebigen hohen Tenor. In seinem Hause wurde
der Sängerbund ins Leben gerufen. Zwischen Zöhrlaut und mir herrschte durch
Jahrzehnte ein kameradschaftliches Verhältnis. Auf dem Rathause spielte er den
Matador. Mir verschaffte er eine Aufbesserung von jährlich 300 Mark.

[32] Als der Amtsrichter Hodler57 Gelüste hatte nach meiner schönen Wohnung,
da war es wieder der Wilhelm Zöhrlaut, der diesen Ansturm verhinderte. Er schilderte
mir den Hergang folgender Weise: „Ich ließ die Stadträte ruhig ausreden. Sie
wollten alle zu Hodler helfen. Wie sie fertig waren, sagte ich: Meine Herren, jetzt
gehen Sie mit mir eine Treppe höher hinauf. Dort steht mit fingerlangen Buchstaben:
Lehrerwohnung, und dabei bleibt's!" Eine große Gefahr wurde durch diesen Machtspruch
von mir und meiner Familie abgewendet.

So oft hört man im Leben: Auf meinen Freund könnte ich Häuser bauen! Ich
glaubte dies auch von Zöhrlaut. Allein, es sollte doch änderst kommen. Mir wurde
der Glaube genommen. In meiner Witwer-Zeit war ich Musik-Hauslehrer im
Schlößchen. Sein Töchterlein „'s Mariele"58 machte bei diesen Gelegenheiten sich des
öftern im Musikzimmer zu schaffen. Dies mußte mir auffallen. Pfingsten kam. Mariele
war meine Kirchensängerin. Ich bat sie, am Pfingstmorgen vor der Kirche möchte sie
zu mir kommen. Mariele kam. Ich sagte ihr: „Es ist mir des öftern schon aufgefallen,
wie Du Dir im Musikzimmer zu schaffen machst, wenn ich da bin. Möchtest Du vielleicht
meine Frau werden?" Mariele erwiderte treuherzig: „Ja! Ich habe schon öfters
gedacht: Es wäre [33] ein Plätzchen für mich!" Ich war glückselig bei dieser Antwort
und verküßte das prächtige Ding nach Herzenslust.

Nach dem Gottesdienst kaufte ich mir neue Sommerhandschuhe und schnurstracks
ging's bergab ins Schlößchen. Dort traf ich den Besitzer allein und konnte so
direkt aufs Ziel lossteuern. Ich hielt an um die Hand seiner Tochter. Zöhrlaut sagte:
„Fink, Deine Verhältnisse gefallen mir schon, Du bist sparsam, nicht ohne Vermögen,
aber Du bist zu alt für mei Mariele. Du könntest ja sei Vater sei." Ich war 38 und 's
Mariele noch nicht ganz 20 Jahre alt. Diesen großen Alters-Unterschied konnte ich
nicht bestreiten. Zöhrlauts harten Schädel kannte ich. Ihn umstimmen versuchte ich
gleich gar nicht. Eine stolze Hoffnung war ins Grab gesunken.

Nach Umfluß eines Jahres starb dem Tierarzt Bühler59 seine Frau60. Bühler war,
gleich Zöhrlaut, ein Hechinger-Messer61. Einige Zeit nachher gab Zöhrlaut dem

57 Franz Xaver Hodler, * Sigmaringen 4.7.1855, f Haigerloch 18.3.1922. Seit 1.5.1890 Amtsrichter
, ab 1912 aufsichtführender Richter bis zu seinem Tod in Haigerloch. Nachruf: „Zum
Tode des Herrn Geheimen Justizrats Hodler", in: Haigerlocher Bote 46 (23.3.1922).

58 Maria Margarethe Zöhrlaut * 19.12.1872,1 17.2.1935. Pfarrarchiv Haigerloch, Familienregister.

59 Amtstierarzt Friedrich Wilhelm Bühler * Hechingen 3.5.1850, | Haigerloch 6.12.1913. Pfarrarchiv
Haigerloch, Familienregister.

60 Maria Anna Bühler geb. Pfeiffer, * Haigerloch 11.8.1853, | Haigerloch 31.3.1891. Pfarrarchiv
Haigerloch, Familienregister.

61 Ubername (Spottname) für die Hechinger.

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