Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 208
(PDF, 57 MB)
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Karl Werner Steim

wie ein hilfloses Kind. Ich war Vorstandsmitglied und saß zu seiner Linken. Alles
mußte man ihm einsagen. War eine Resolution zu formulieren, mußte ich sie ihm aufsetzen
. Mößmer war außerstande hiezu. Er war ein wahres Jammer-Bild. Am Ende
war Vorstands-Wahl. Die zahlreiche Versammlung wählte den Hauptlehrer Fink von
Haigerloch zu ihrem Vorstande.

NB. Die Lehrerschaft war damals ziemlich scharf in zwei Lager gespalten. Es gab
liberale und gab Zentrums- (schwarze) Lehrer. Die liberale Partei hatte glänzend
gesiegt. Mößmer war schwarz. Er sah schon während der Verhandlung seine Felle
davon schwimmen. Daher seine unglaubliche Verwirrung.

[55] Der Anschluss an den Preussischen Lehrer-Verein im Jahre 1908

In Zeitungen und in Lehrer-Versammlungen hatte Wochen- und Monatelang über
diese sogenannte Anschluß-Frage ein heftiger Kampf getobt. Die Hauptgegnerschaft
bildete die Geistlichkeit, weil im Preußischen Lehrerverein evangelische und jüdische
Collegen ebenfalls Sitz und Stimme hatten. Nach meiner Ansicht mit vollem Recht.
Die Lehrer-Vereine sind aus rein wirtschaftlichen Gründen ins Leben gerufen worden
. Jahrzehnte lang erstrebte die deutsche Lehrerschaft die Verbesserung ihrer kläglichen
Wirtschafts-Lage. Es drängte die Lehrerschaft förmlich zur Vereinigung, ihre
Gehalts-Verhältnisse in Stadt und Land waren himmeltraurig. Der einzelne Lehrer
fand nirgens Gehör. Nur Massen-Petitionen stimmten die Behörden nach und nach
günstiger.

Wirtschafts-Not erzeugte Lehrer-Zusammen-Schluß. Religions-Fragen blieben
völlig unberührt. In Lehrer-Vereinen spielten Konfessionen gar keine Rolle. Essen
will nicht nur der Katholik, sondern auch der Protestant und der Jude. [56] Aus diesen
Erwägungen heraus bewerkstelligte ich gleich nach meiner Wahl zum Vereins-
Vorstande den Anschluß an den Preußischen Lehrer-Verein. Vereinter Kräfte Streben
erzeuget erst das wahre Leben!90

Der Vorstand des Berliner Lehrer-Vereins „Jews" [?] machte mir die vertrauliche
Mitteilung: „Auf dem Tische des Kultministers liegt bloß ein einziges Organ aus der
Lehrer-Welt, das ist die Preußische Lehrerzeitung. Aus ihr orientiert sich der Herr
Minister täglich über die Lehrer Verhältnisse und Lehrer-Wünsche." Der kleine, winzige
Lehrer-Verein Hohenzollern, als Einspänner, konnte nirgens Gehör finden. Aber
der riesige Preußische Lehrer-Verein hatte das Ohr des Ministers und konnte seine
Rechte erfolgreich verteidigen. Nun fühlten wir uns geborgen. Da kam der Feind und
säete Unkraut unter den Weizen.

Die Geistlichkeit Hohenzollerns legte stets den Radschuh ein, sobald Aufbesserung
für die Lehrer in Aussicht war, wohl wissend: bessere Lebenshaltung steigert
auch das Ansehen der Lehrer. Der Anschluß an das mächtige Preußen war daher der
Geistlichkeit ein großer Dorn im Auge. Arm sollten die Lehrer bleiben, in De- und
Wehmut Gott ergeben.

90 Vollständiges Zitat: Denn aus der Kräfte schön vereintem Streben erhebt sich, wirkend, erst
das wahre Leben. Friedrich Schiller, aus: Die Huldigung der Künste.

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