Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 241
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2007/0253
Der Fall Otto Nerz - ein sporthistorisches Märchen

Nerz und Herberger, der seinen Posten habe einnehmen wollen, sei ein „Machtkampf
"23 entbrannt, wird gesagt. Es habe eine „quälende Machtrangelei"24 gegeben
oder ebenso dramatisch einen „Kampf" und ein „Gezerre um das höchste Traineramt
"25, das Kreise hoch hinauf in die NSDAP zog. Herberger soll im Danziger Gauleiter
Albert Forster einen Fürsprecher gefunden haben, Nerz in Reichssportführer
Hans von Tschammer und Osten und in Carl Krümmel, Ministerialbeamter und
Amtsleiter im Erziehungsministerium. Nerz habe den kürzeren gezogen und verloren.

In Wirklichkeit ist die Dramaturgieskala ganz niedrig anzusetzen. Sie tendiert
gegen Null. Die Trainerfrage stand in engem Zusammenhang mit der nationalsozialistischen
Sportreform des Jahres 1936, der „zweiten 'Gleichschaltung'"26 im Sport.
Sie begann vor der Olympiade und zog sich - bekanntermaßen und politisch gewollt
- jahrelang hin. Der neue Reichsbund für Leibesübungen ersetzte den Reichsaus-
schuss für Leibesübungen als Dachverband, der DFB wurde zum Fachamt Fußball
im Reichsbund und löste sich in mehreren Schritten auf. Die Deutsche Hochschule
für Leibesübungen, an der Nerz unterrichtete, ging in die neue Reichsakademie für
Leibesübungen auf. Die zweite Gleichschaltung endete im Dezember 1938 mit der
Aufnahme des Reichsbunds in die Reihe der anerkannten und damit geschützten
Nebenorganisationen der NSDAP Danach hieß der Reichsbund Nationalsozialistischer
Reichsbund.

Posten und Personalien waren 1936 lange ungewiss. Die neue Reichsakademie für
Leibesübungen nahm zuerst Gestalt an. Am 19. April 1936 feierte der Reichsbund in
Berlin den Tag der Weihe pompös als Gründungskundgebung. Das Gleichschal-
tungs-Kuratorium mit Reichsinnenminister Wilhelm Frick, Bildungsminister Bernhard
Rust und Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten gab gleichzeitig
die Errichtung der Reichsakademie für Leibesübungen mit sofortiger Wirkung
bekannt27. Otto Nerz wurde als Dozent in das Sportpraktische Institut übernommen
. Zum 1. Juni 1936 schied er deshalb aus dem Angestelltenverhältnis im Fachamt
Fußball aus28. Als die Olympischen Spiele begannen, war Nerz wie zu Beginn seiner
Karriere ehrenamtlich Reichstrainer.

Auch Sepp Herberger erhielt Mitte Mai 1936 neue Aufgaben. Er arbeitete in Duisburg
. Nerz hatte ihm dort 1932 einen Job als Sportlehrer beim Westdeutschen Spielverband
vermittelt. Jetzt wurde Herberger in ein Prüfungsamt für Lehrer der körperlichen
Erziehung berufen. Er war sich sicher, daß ich diese Berufung Ihnen verdanke. So
schrieb er Otto Nerz am 1. Juni nach Berlin. Die Freundschaft der beiden war eng.

23 Bitzer/Wilttng (wie Anm. 4) S. 88.

24 Leinemann (wie Anm. 4) S. 128. Buschmann/Lennartz/Steinkemper (wie Anm. 4) S. 43.

25 Havemann (wie Anm. 4) S. 200.

26 Ebd. S. 190. Zur NS-Sportpolitik vgl. neben anderen einschlägigen Handbüchern Wolfgang
Benz, Hermann Graml, Hermann Weiss (Hg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus.
München 1998. S. 251-256.

27 Reichssportblatt Nr. 17/22.04.1936, S. 557, 560f., vgl. Nr. 18/29.04.1936, S. 587,
19/06.05.1936, S. 618-621.

28 Schwarz-Pich (wie Anm. 2) S. 122. Der Zusammenhang zwischen Berufung und Verzicht
ist bislang nicht diskutiert worden. Zu erinnern ist an die Kampagne der Nationalsozialisten
gegen das „Doppelverdienertum".

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