http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2007/0273
FRANZ-JOSEF ZIWES
„Unrecht nach Kräften wiedergutzumachen".
Die Wiedergutmachung in Württemberg-Hohenzollern im
Spiegel der Uberlieferung des Staatsarchivs Sigmaringen""
Dr. Otto Becker zum 65. Geburtstag
Am 27. Mai 1950 trat in Württemberg-Hohenzollern das „Gesetz über die Entschädigung
der Opfer des Nationalsozialismus" in Kraft1. Wie es in der Präambel
heißt, hatte der Landtag das Gesetz „ in dem Willen, das durch die Gewaltherrschaft
des Nationalsozialismus verübte Unrecht nach Kräften wiedergutzumachen, seine
Fortwirkungen für die Zukunft nach Möglichkeit zu unterbinden und ihren Opfern
eine angemessene Lebensgrundlage zu sichern" beschlossen. Fünf Jahre hatten die
Opfer des NS-Terrors seit Kriegsende warten müssen, bis sie ihre Ansprüche auf
Wiedergutmachung bzw. Entschädigung endlich auf eine gesetzliche Grundlage stellen
konnten. Fünf Jahre, die viele nicht überlebt haben. Fünf Jahre, die für manche
vergeblich waren, weil sie auch nach dem neuen Gesetz nicht zum Kreis der Wiedergutmachungsberechtigten
gehören sollten und deshalb oft noch jahrelang um ihre
Anerkennung als Opfer kämpfen mussten - nicht selten vergeblich.
Eine Diskussion über die Angemessenheit des Begriffes „Wiedergutmachung" soll
hier nicht mehr geführt werden. Im Folgenden wird er trotz seiner Unzulänglichkeiten
verwendet, weil er ein in Verwaltung, Rechtsprechung, politischem Diskurs und
historischer Forschung unzweideutig etablierter Begriff ist. Er bleibt „mangels Alternativen
schwer ersetzbar, schließt er doch eine ganze Reihe von Aspekten ein, die sich
sonst nur schwer subsumieren ließen"2. So hat Constantin Goschler dieses Dilemma
in seiner ausführlichen politikgeschichtlichen Studie „Schuld und Schulden. Die Politik
der Wiedergutmachung für NS-Verfolgte seit 1945" auf den Punkt gebracht. Auf
Goschler und seine profunde Analyse der politischen Rahmenbedingungen sei auch
deshalb pauschal verwiesen, weil die weiteren Stationen in der Wiedergutmachungsgesetzgebung
der Bundesrepublik hier nur schlaglichtartig in Erinnerung gerufen
werden können.
;:" Der Beitrag stellt die geringfügig überarbeitete Fassung eines Vortrags dar, den der Verfasser
am 29. Juni 2007 in der von Dr. Volker Trugenberger geleiteten Arbeitsgruppensitzung „Entnazifizierung
und Wiedergutmachung - Quellenlage, Erschließung, Aspekte der Auswertung"
im Rahmen der 54. Jahrestagung der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-
Württemberg in Münsingen gehalten hat.
1 Regierungsblatt für das Land Württemberg-Hohenzollern Nr. 22, 1950, S. 187-200.
2 Constantin Goschler: Schuld und Schulden. Die Politik der Wiedergutmachung für NS-
Verfolgte seit 1945 (Beiträge zur Geschichte des 20. Jahrhunders 111). Göttingen 2005. S. 16.
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