Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 274
(PDF, 57 MB)
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Franz-Josef Ziwes

SONDERFÄLLE

Die Richtlinen der Tübinger Landesstelle von 1946 stufte die politisch Verfolgten
hierarchisch in Uberzeugungstäter und Gelegenheitstäter ein. Danach erst kamen
unter den Sonderfällen die Teilnehmer an der Revolte des 20. Juli. In den späteren
Wiedergutmachungsbescheiden werden die Hingerichteten indessen schon als Widerstandskämpfer
bezeichnet, die wegen ihrer politischen Haltung mit anerkennenswertem
Verantwortungsbewusstsein handelten.

In Sigmaringen werden die Wiedergutmachungsakten für die Hinterbliebenen von
Nikolaus Graf von Uxkull-Gyllenband, Cäsar von Hofacker und Michael Graf von
Matuschka verwahrt. Interessant daran sind weniger die Einzelheiten der Wiedergutmachungsverfahren
als vielmehr die darin enthaltenen, sehr zeitnahen Selbstzeugnisse
von engsten Angehörigen, Freunden, Kollegen und Bekannten über ihre Beziehungen
zu den Widerstandskämpfern. So berichten Mutter und Schwester Hofacker
von einem später vernichteten Brief Cäsar von Hofackers aus Paris, in dem er im
Dezember 1943 die Vorbereitung eines konspirativen Treffens mit dem Grafen Staufenberg
in der Hofackerschen Wohnung ankündigte. Bereits im Sommer 1943 hatte
von Hofacker, der für die Koordinierung der Berliner mit der Pariser Widerstandsgruppe
verantwortlich war, seine Schwester in die Umsturzpläne eingeweiht und sie
gebeten, unter der Tübinger Professorenschaft nach vertrauenswürdigen Mitstreitern
zu suchen39.

Für Michael Graf von Matuschka, der in den Plänen des Grafen von der Schulenburg
nach dem Umsturz das Amt des Regierungspräsidenten von Breslau hätte übernehmen
sollen, finden sich eine ganze Reihe von Leumundszeugnissen, die seine politische
Integrität, Religiosität und antinazistische Haltung beteuern. Darunter auch
aus prominenter Feder, wie der des niedersächsischen Ministerpräsidenten Hinrich
Wilhelm Kopf oder des Bundesvertriebenenministers Hans Lukaschek. Selbst einige
Originaldokumente aus der NS-Zeit haben sich in der Wiedergutmachungsakte
erhalten, etwa die Benachrichtigung seiner Witwe über die Vollstreckung des
Todesurteils durch den Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof, oder die Verfügung
der Geheimen Staatspolizei Breslau über die Beschlagnahme des Vermögens40.

Die Uberlieferung zur Wiedergutmachung in Württemberg-Hohenzollern bietet -
dies haben die wenigen Beispiele hoffentlich demonstriert - sowohl überschaubares
wie reichhaltiges, wenn auch regional unterschiedlich dichtes Material. Sie hält sicherlich
noch einiges an Überraschungen bereit, wenn es um Quellen aus der und zur NS-
Zeit geht. Sie bietet sich aber vor allem dort an, wenn es um die von Hans Günter
Hockerts skizzierten Desiderate geht, also um die Erforschung der konkreten
Umsetzung von Wiedergutmachung im „Tun und Lassen der Sachbearbeiter, Gutachter
, Richter und Anwälte" genauso wie in der Frage nach der Bedeutung der Wiedergutmachung
im Leben der Verfolgten, den kollektiven wie individuellen Erwartungen
und Erfahrungen, die mit ihr verbunden waren41.

39 StA Sigmaringen Wü 33 T 1 Nr. 3456.

40 Ebd. Nr. 4197.

41 Hockerts (wie Anm. 37) S. 213.

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