Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
45(130).2009
Seite: 65
(PDF, 60 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2009/0069
Die jüdische Gemeinde Dettensee

letztlich wenig erfolgreich - bei missbräuchlicher Ausübung des Rechts eingreifen können26
. Zugleich wurde 1577 erstmals ausdrücklich der Vorrang territorialer Regelungen
anerkannt und das ursprünglich kaiserliche Privileg des Judenregals den Kurfürsten,
Fürsten und Reichsständen übertragen27. Die wiederum betrachteten die vom Kaiser
zurückbehaltenen Privilegien als Schmälerung ihrer Rechte28. Es war also weder den
Reichsständen noch den reichsunmittelbaren Reichsrittern formal gestattet, Juden ohne
kaiserliches Privileg aufzunehmen oder auszuweisen.

Neben den Rechtsnormen gab es eine davon abweichende Rechtswirklichkeit, deren
Beginn ebenfalls im 14. Jahrhundert liegt. Mit der Herausbildung und Etablierung der
Landesherrschaften wurden zahlreiche Hoheitsrechte (z. B. Bergwerks- und Zollregal)
zu frei verfügbarem Herrschaftsrecht der Territorialherren. Dieser Prozess schloss auch
das Judenregal mit ein. Die bereits erwähnten Versuche, mit Hilfe der Reichspolizeiordnungen
des 16. Jahrhunderts das Judenregal wieder von der Person des Kaisers abzuleiten
, um eine freie Verfügbarkeit zu verhindern, kollidierten dabei mit der bestehenden
Rechtswirklichkeit29, was auch die beiden nachfolgenden Beispiele zeigen: Im Jahre 1565
befahl Erzherzog Ferdinand II. - ein Bruder Kaiser Maximilians II. - die damals einzigen
in der Herrschaft Hohenberg wohnenden Juden aus der Gemeinde Obernau30 auszuweisen
. Nach anfanglichem Ignorieren der Ausweisung seitens der Betroffenen und
zwei weiteren Anweisungen des Erzherzogs wurde die aus sechs Familien und über 30
Personen bestehende Gemeinde vermutlich 1572 ausgewiesen31. In der Folge beklagte
sich die hohenbergische Obervogtei in Horb im Jahre 1579, dass hauptsächlich die Niederadeligen
der Gegend, zu denen auch Inhaber österreichischer Lehen gehörten, „ohne
hohe Obrigkeit" Juden aufnehmen würden"32.

Auf welcher genauen rechtlichen Grundlage die Ansiedlung der Dettenseer Juden
(siehe Kapitel 4.2) basierte, ist nicht bekannt. Man kann jedoch annehmen, dass die
reichsunmittelbaren Grafen von Nellenburg und Herren zu Tengen als Reichsstände
von ihren hoheitlichen Rechten Gebrauch machten33. Die seit dem 15. Jh. in Aach im

26 DERS., Juden in Deutschland (wie Anm. 22), S. 72 f.

27 Weber, Reichspolizeiordnungen (wie Anm. 24), RPO von 1577, S. 248. XX Titul.

28 Battenberg, Privilegienpraxis (wie Anm. 25), S. 87.

29 Ders.: Assenheimer Judenpogrome vor dem Reichskammergericht. Die Prozesse der Grafschaften
Hanau, Isenburg und Solms um die Ausübung des Judenregals 1567—1573. In: Neunhundert Jahre
Geschichte der Juden in Hessen, Beiträge zum politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben,
hg. v. Christiane Heinemann (Schriften der Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, 6)
Wiesbaden 1983, S. 123-149, hier S. 123 f.

30 Heute ein Stadtteil der Stadt Rottenburg am Neckar.

31 Stefan Lang: Ausgrenzung und Koexistenz. Judenpolitik und jüdisches Leben in Württemberg
und im „Land zu Schwaben" (1492 — 1650). Diss. Tübingen 2007. (Schriften zur Südwestdeutschen
Landeskunde, 63) Ostfildern 2008, S. 172 f.

32 Ebd., Judenpolitik (wie Anm. 31), S. 181 f.

33 1519 wurden der damalige Wohnsitz, das Schloß zu Tengen, und mit ihm auch sämtliche Akten
und Urkunden bei einem Feuer vernichtet: Krezdorn, Nellenburg (wie Anm. 5), S. 9.

65


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2009/0069