Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
45(130).2009
Seite: 88
(PDF, 60 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2009/0092
Herbert Zander

Am 22. September 1761 wurden alle Einwohner der Herrschaft Glatt, die bei Juden
Schulden hatten, aufgefordert, sich bis zum 29. Oktober 1761 zu melden. Gleichzeitig
wurden die auswärtigen Juden aufgefordert, innerhalb von vier Wochen ihre Ansprüche
gegenüber den örtlichen Bauern zu Protokoll zu geben und Belege einzureichen. Nicht
rechtzeitig angemeldete Verbindlichkeiten würden verfallen178.

Am 5. November 1761 erließ Fürstabt Bonaventura II. eine Anweisung in Bezug auf
die Reichspolizeiordnung von 1601179, insbesondere allen der Juden unmäßiger Wucher betreffend
. Danach war ausnahmslos allen Juden, ob einheimisch oder fremd, der Handel
in der Herrschaft bei Strafe der Konfiskation ihrer Waren verboten. Der Handel sollte
künftig nur mit zeitlich beschränkten Einzelgenehmigungen des zuständigen Statthalters
erlaubt sein, mit der Einschränkung, dass kein Untertan mehr als 5 fl. Gesamtschulden
bei Juden haben solle und höhere Schulden konfisziert würden180. 1784 wurde die Verordnung
erneut bestätigt181. 1793 wurde der Betrag auf 4 £1. herabgesetzt182.

Alle Handelshemmnisse des 18. Jahrhunderts hatte die jüdische Gemeinde finanziell
relativ unbeschadet durchgestanden. Rückblickend nannten die Juden die Einschränkungen
unter der Herrschaft des Klosters Muri zwar bedrückend, aber nie existenzbedrohend
. Für ihre trostlose Lage zum Anfang des 19. Jahrhunderts unter der neuen
Herrschaft Hohenzollern-Sigmaringens machten die Dettenseer Juden 1832 die seit
1813 immer mehr fortschreitende Einschränkung ihrer Rechte verantwortlich. Ihre berufliche
Situation beschrieben sie mit folgenden Worten: ... ohne Bewegung kann der Mensch
nicht leben, und diese ist den Juden versagt. Sie müßen auf der Stelle bleiben, die man ihnen einmal
angewiesen hat, dürfen nicht vor und nicht rückwärts schreiten, sondern müßen da aushalten bis sie %u
Grunde gehen ... Dabei ist zu bedenken, dass auch ihre christlichen Handelspartner durch
Krieg und eine Serie von kalten Sommern zwischen 1812 und 1821 und den daraus resultierenden
Hungerjahren in großen Teilen verarmten183.

Trotz des Festhaltens an überkommenen Rechtsauffassungen nach 1837 in einzelnen
Bereichen, wie beispielsweise dem fortgesetzten Verbot des Schacherhandels (siehe Kapitel
5.9), scheint sich die Lage der Juden nach dem Gesetz von 1837 und ihrer weitgehenden
Gleichstellung allmählich gebessert zu haben.

Wahrscheinlich die einzige positive Bewertung der jüdischen Handelstätigkeit stammt
aus dem Jahr 1813. Der Amtmann Mattes merkte an, für den Ort Dettensee selbst seien
die Juden kein Nachteil, denn sie nähmen den örtlichen Bauern ihre Produkte zu einem
guten Preis ab, und diese würden sofort bar bezahlt184.

178 Ebd.

179 Burgermeister, Manuale Equestre (wie Anm. 159), S. 29 ff.

180 StAS, Ho 163 T 3 Nr. 112 (wie Anm. 47), Handel der Juden (1761).

181 Ebd.

182 Spier, Dettensee (wie Anm. 107), Teil 2.

183 Das Jahr 1816 ist als „das Jahr ohne Sommer" in die Geschichtsbücher eingegangen.

184 StAS, Ho 86 T 1 Nr. 411 (wie Anm. 86), Stellungnahme des Oberamtes auf den Bittbrief
(16.9.1832).

88


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2009/0092