Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
45(130).2009
Seite: 95
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2009/0099
Die jüdische Gemeinde Dettensee

8.2 Abwanderung

Verließ man Dettensee, um an einem anderen Ort zu heiraten, ist keine der umliegenden
jüdischen Gemeinden als bevorzugter Ort zu erkennen. Von Altdorf bis Wankheim
sind viele jüdischen Gemeinden im heutigen Baden-Württemberg unter den
Zielen. 1813 kommentierte Amtmann Mattes die Abwanderungen um 1800 mit folgenden
Worten: Übrigens stammen die reichsten Judenfamilien %u Mühringen und Nordstetten von Dettensee
her, die nach dem sie in gedachten beiden Orten mehr begünstig: wurden, sich mit ihrem Vermögen
dahin verlogen haben7*1'. Beispielhaft zeigt sich dies bei Joseph Eßlinger (1783-1851), der
1818 ein Auswanderungsgesuch stellte, um in Mühringen zu heiraten und sich anschließend
dort niederzulassen. Dem Wegziehenden wurde von der jüdischen Gemeinde in
Dettensee ein Vermögen von 10000 fl. bescheinigt234.1829 hatte die jüdische Gemeinde
mit 173 Personen den höchsten Bevölkerungsstand erreicht235. Der personelle Niedergang
begann kurz danach mit der einsetzenden Auswanderungsbewegung nach Nordamerika
, die auch die verarmten Dettenseer Juden und Christen erfasst hatte236. Es
wanderten 82 in Dettensee geborene Juden nach Amerika aus. Den Anfang machte
1832 der 17-jährige Jakob Hirschfelder237.

Der Wegzug ganzer Familien wegen schlechten Berufsbedingungen ließ die jüdische
Gemeinde schnell schrumpfen. Hechingen, Horb, Offenburg und Rottweil waren die
bevorzugten Orte, an denen man sich ein besseres berufliches Fortkommen erhoffte.
Das Wagnis einer Auswanderung nahmen im Allgemeinen nur die ärmsten Mitglieder
der Gemeinde auf sich. Bei vielen reichte das vorhandene Vermögen nicht, um die staatlichen
Bedingungen für eine Auswanderung zu erfüllen, und sie machten sich ohne herrschaftliche
Erlaubnis auf den Weg. Die Auswanderung von Karolina Levi zeigt dies:
Am 27. Oktober 1810 in Dettensee geboren238, wollte sie 1840 mit Erlaubnis der Herrschaft
nach Amerika auswandern, um dort zu heiraten. Weil sie die geforderten

233 StAS, Ho 86 T 1 Nr. 411 (wie Anm. 86), Stellungnahme des Oberamtes auf den Bittbrief
(16.9.1832).

234 Kreisarchiv Zollernalbkreis, Hech 2b Nr. 6: Preußisches Oberamt Haigerloch. Auswanderungsakten
von Dettensee (1771-1831).

235 StAS, Ho 201 T 1 Nr. 456 (wie Anm. 137), Bevölkerungstabelle (20.5.1829).

236 Um die Ursachen für die Änderungen in der Dettenseer Bevölkerungsstruktur zwischen 1832
und 1895 abschätzen zu können, kann man die Einwohnerzahlen des Jahres 1829 als Ausgangspunkt
annehmen. In der Zeit zwischen 1832 und 1895 wanderten dann etwa 38 Prozent der Juden und 35
Prozent der Christen nach Nordamerika aus. Im Jahre 1895 war die christliche Bevölkerung von Dettensee
auf 78 Prozent ihrer Größe im Jahre 1829 zurückgegangen, d.h. außer der Auswanderung
nach Übersee fanden keine signifikanten Veränderungen statt. Die jüdische Bevölkerung schrumpfte
im gleichen Zeitraum aber auf 26 Prozent ihrer Ausgangsgröße. Dies zeigt deutlich, dass die Abwanderungen
in die Städte die eigentliche Ursache für das Erlöschen der jüdischen Gemeinde innerhalb
von zwei Generationen war.

237 Kreisarchiv Zollernalbkreis, Hech 2b Nr. 7: Preußisches Oberamt Haigerloch. Auswanderungsakten
von Dettensee (1831-1845).

238 SächStA-L, AS 1202 (wie Anm. 221), Familienregister S. 128.

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