Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
45(130).2009
Seite: 147
(PDF, 60 MB)
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Talmi-Kultur und Klassen-Gegensätze

Wirtschaft rar seien und Arbeit teuer werde. Knechte und Mägde würden außer Lohn
und Logis als Naturallohn täglich fünfmal Kost verlangen und sogar Brauer-Bier und ein
Vesper im Wirtshaus, klagte sie. Einige Jahre später fand die Centralstelle das Verhältnis
wieder freundlich. Die Industrie ermögliche vielfach ländliche Nebenbeschäftigung oder doch Aushilfsarbeit
%ur Erntezeit, hieß es 190946.

Anziehungskraft hatten Hechinger Fabriken auch für Wanderarbeiter, die Arbeit suchten
, ohne am Industriestandort oder in der näheren Umgebung ihren festen Wohnsitz
zu haben. Zuerst waren sie Saisonarbeiter, hauptsächlich in der Landwirtschaft, später
wurde ortsfremder Erwerb in der Industrie dauerhaft. Auffallend häufig waren um 1900
Arbeiter aus Pirmasens in den Hechinger Schuhfabriken zu finden. Pirmasens war damals
mit mehreren größeren Fabriken Zentrum der deutschen Schuhindustrie. Wanderarbeiter
waren meist jung. Gastwirte stellten Lager zur Verfügung. Sie boten in
Schlafsälen Kost und Logis für einigermaßen billiges Geld, allerdings waren die hygienischen
Verhältnisse oft bedenklich. Die Reichskneipe in der Turmstraße scheint Arbeiter
beherbergt zu haben, jedenfalls wohnte dort zeitweise ein guter Teil des Vorstands
der Schuhmacher-Gewerkschaft. Im Adler auf dem Marktplatz gab es weitere Schlaf-
stätten, Baruch-Arbeiter aus dem Steinlachtal sollen in der Friedrichstraße Kost und
Wohnung gesucht haben und nur samstags nach Hause gefahren sein47. Sie waren
„Schlafgänger".

Auf der anderen Seite lebten in Hechingen um 1900 auch Arbeiter, die seit Jahrzehnten
der Fabrikarbeit nachgingen. Der älteste Betrieb der Stadt, die Buntweberei Baruch,
beschäftigte 1912 Bernhard Steinhilber, einen Arbeiter aus der Friedrichstraße, schon
seit 48 Jahren. Er wäre demnach 1864 in die Fabrik gekommen, bald nach ihrem Bau.
Steinhilber wurde in einer Feierstunde geehrt, zu der sogar Oberamtmann Dr. Karl
Schoenfeld als Vertreter der Regierung kam. Baruch hatte 1912 gleich 33 Arbeitsjubilare
mit mehr als 25-jähriger Betriebstreue zu feiern. Sie erhielten Medaillen und Geldgeschenke
. Drei Arbeiter mit mehr als 25 Jahren ehrte 1907 die Schuhfabrik Moos &
Rosenthal. Seniorchef Adolf Rosenthal schenkte ihnen goldene Uhren mit Widmung48.

Der Frauenanteil in den Hechinger Fabriken war hoch. Schon 1884 beschäftigten
nach den Angaben von Jakob Levi fünf Hechinger Fabriken 200 auswärtige Näherinnen
. In ganz Hohenzollern wuchs der Frauenanteil nach den Berechnungen der Centralstelle
von 34,4 Prozent 1896 auf 41,8 Prozent im Jahre 1900 und blieb danach in

46 Jahresbericht 1894 S. 5£, 1898 S. 3, 1908/09 S. 67. Vgl. Otto Werner: Chronik der Arbeiterspeiseanstalt
Hechingen und des Marienheims. In: 100 Jahre Marienheim Hechingen. Von der Speiseanstalt
zum Altenheim. Hechingen 1998. S. 5-64, hier S. 5.

47 Jahresbericht 1910/11 S. 152. StadtAH, A 200, Reg. Nr. 6200 Ohne Titel, 1. Anzeigen wegen Abhaltung
von Versammlungen behufs Besprechung verschiedener Angelegenheiten. Aufzeichnungen
Baruch (wie Anm. 5) Ergänzungsbericht S. 2.

48 Hz. Bl. Nr. 85/16.04.1907, 163/22.07.1912.

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