Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
45(130).2009
Seite: 155
(PDF, 60 MB)
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Talmi-Kultur und Klassen-Gegensätze

Ärmlicher ging's nur im Osten in Schlesien, Posen, Ost- und Westpreußen sowie Pommern
zu. Baden, Württemberg und Bayern teilten den Rang mit Hohenzollern weit hinter
den Wohlstandsregionen um Berlin, in Sachsen und Thüringen, dem Rheinland und
Westfalen74.

Die in Hechingen wichtige Textilindustrie war zudem die Branche mit den niedrigsten
Löhnen. So erklärte es der Zentrumspolitiker Wendelin Ott im August 1911 den Delegierten
der katholischen Arbeitervereine Hohenzollerns. Er hielt im Gasthaus Löwen
seine Rede. Ott sah die Gründe für die schlechte Bezahlung ähnlich wie Baruch 1890
in der damals schon ausländischen Konkurrenz auf dem Markt und machte außerdem
die Heimarbeiterfrage verantwortlich. Heimarbeit war der schwindende Rest des alten Verlagssystems
, das die Massen-Textilproduktion vor der Industrialisierung dominierte. Alle
frühen Hechinger Textilfabrikanten haben als Verleger begonnen. Gegenüber der mechanischen
Produktion hatte die Heimarbeit aber keine Chance. 1912 ließen nur noch
wenige Fabriken in Hechingen Arbeiter zuhause schaffen. Das ergab eine Umfrage der
Stadtverwaltung im Frühjahr75.

Schlechter bezahlt als Textilarbeiter waren weiterhin landwirtschaftliche Arbeiter.
1911 bezifferte das Regierungspräsidium in Sigmaringen den durchschnittlichen Jahresverdienst
erwachsener land- und forstwirtschaftlicher Arbeiter in Hohenzollern mit
690 Mark und weiblicher mit 51076.

Zu den Spitzenverdienern unter den Arbeitern zählten während des Baubooms um
die Jahrhundertwende Maurer und Bauarbeiter, Facharbeiter sozusagen. Die günstige
Auftragslage machte Mitarbeiter knapp und zwang die Unternehmer zu besseren Konditionen
. Schon 1899 suchte Theo Wild, Bauwerksmeister und Chef des Dampfsägewerks
in der Unterstadt, Maurer, denen er 30 Pfennig pro Stunde versprach - 3 Mark
am Tag. Ein tüchtiger Maurer'komme auf 3,30 Mark, berichteten die Hohenzollerischen
Blätter 1904, und im Jahr darauf nannten sie sogar 4,50 bis 5 Mark für auswärtige
Maurer. Spitzenkräfte waren anscheinend die im Haus-, Bahn- und Straßenbau tätigen
Arbeiter aus Italien. 1904, als deutsche Maurer noch 3,30 Mark am Tag verdienten, hätten
sie schon durchschnittlich 4 Mark erhalten, ließen die Hohenzollerischen Blätter
wissen77.

74 Gerhard A. Ritter und Klaus Tenfelde: Arbeiter im Deutschen Kaiserreich 1871 bis 1914
(= Geschichte der Arbeiter und der Arbeiterbewegung in Deutschland seit dem Ende des 18. Jahrhunderts
Band 5). Bonn 1992. S. 73.

75 Z Nr. 176/07.08.1911. StadtAH, A 200, Reg. Nr. 4001 Handel/Gewerbe u. Handel 1881-1909.
2. Spezial-Akten betreffend Gewerbeordnung und Gewerbebetrieb im Allgemeinen 1910-1926.

76 Hz. Bl. Nr. 185/18.08.1911. Männlich unter 16 Jahren 460, weiblich unter 16 Jahren 340 Mark.
Die Bekanntmachung galt Zwecken der Unfallversicherung.

77 Hz. Bl. Nr. 24/12.02.1899, 161/15.10.1904, 180/09.08.1905. Die Beobachtung zum Verdienst
italienischer Arbeiter widerspräche dem reichsweit verzeichneten Trend, nach dem „die weit überwiegende
Mehrheit der Ausländer [...] eine besonders bedürfnis- und anspruchslose Gruppe von Arbeitskräften
bildeten, die vorwiegend für unqualifizierte, relativ schlecht bezahlte [...] Arbeiten
eingesetzt wurden", s. Gerhard A. Ritter: Gewerbliche Zusammensetzung und innere Schichtung

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